Die Watzmann Überschreitung

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Die Watzmann Überschreitung in den Berchtesgadener Alpen gilt als eine der schönsten und zugleich anspruchsvollsten Überschreitungen in den Ostalpen. 

Watzmann Überschreitung © Gipfelfieber
Watzmann Überschreitung © Gipfelfieber

Um den Watzmann ranken sich nicht nur zahlreiche Mythen und Legenden. Der Watzmann wird in Liedern besungen und mit seiner einzigartigen Silhouette aus den eigentlichen Watzmanngipfeln Hocheck, Mittelspitze und Südspitze sowie der Watzmannfrau (auch Kleiner Watzmann) und den Watzmannkindern ist er wahrscheinlich einer der schönsten Berge der Welt.

Zugleich ist der Watzmann auch der höchste Berg Deutschlands, der vollständig auf deutschem Staatsgebiet liegt, denn Zugspitze (höchster Berg Deutschlands mit 2.962 m) und Hochwanner (2.744 m) teilen sich ihre Gipfel jeweils mit dem Nachbarland Österreich.

Seine Ostwand, die steil hinab zur Eiskapelle und zum Königssee abfällt, gilt als die höchste Wand der Ostalpen. Seine Überschreitung zählt zu den Bergtouren, die jeder Bergsteiger einmal gemacht haben möchte.

Schwierigkeit der Watzmann Überschreitung

Unterschätzt werden darf der Watzmann dabei auf keinen Fall. Dafür passieren jedes Jahr zu viele Unfälle, die oft auch tödlich enden. Zwar geschehen bei der Watzmann Überschreitung bei weitem nicht so viele Unglücksfälle wie bei der Durchsteigung der Watzmann Ostwand, trotzdem schafft es auch der Grat und vor allem sein langer Abstieg regelmäßig wegen Unglücken in die Presse.

Daher gilt: Ein hohes Maß an körperlicher Fitness, Schwindelfreiheit und absolute Trittsicherheit sind unerlässlich. Und das auch nach vielen Stunden der ausgesetzten Kletterei am Grat. Die Kletterschwierigkeiten bewegen sich nie höher als im II. Schwierigkeitsgrad nach UIAA und insgesamt halten sie sich im Rahmen. Trotz einiger Seilversicherungen ist die Watzmannüberschreitung aber kein durchgehender gesicherter Klettersteig, so dass auch ungesicherte exponierte Passagen überwunden werden müssen.

Ebenfalls Voraussetzung für eine gelungene Watzmann Überschreitung: Eine stabile Wettervorhersage. Gerade wenn an sommerlichen Nachmittagen Gewitter drohen, ist ein entsprechend früher Aufbruch obligatorisch, denn am Watzmanngrat gibt es keinerlei Ausweichmöglichkeiten oder etwaige Notausstiege. Die Watzmannüberschreitung im Winter und mit Schnee bleibt ambitionierten Alpinisten vorbehalten.

Die Sage vom König Watzmann

Vor langer Zeit lebte der grausame König Watzmann dort, wo heute das schöne Berchtesgadener Land ist. Er war bekannt dafür, ohne Rücksicht in den Wäldern zu jagen und den Bauern ihre Aussaaten und Ernten zu zerstören. So war er mitsamt seiner ganzen Familie vom eigenen Volk gefürchtet.

Eines Tages kam er auf einem seiner Jagdausflüge zu einer Hütte. Die rasenden Hunde des Königs stürzten sich auf die Sennerin und bissen sowohl sie als auch ihr Kind tot. Im Zorn und in der Trauer über seinen Verlust erschlug der Hirte den liebsten Hund des Königs. Wutentbrannt hetzte König Watzmann Hunde und Gefolge auf den Hirten, der mit einem letzten Ausruf einen Fluch aussprach, wofür der König nichts als Gelächter übrig hatte.

Es donnerte und grollte kurz darauf und des Königs eigene Hunde stürzten sich auf sein Herrchen und dessen Familie. Die Toten wuchsen anschließend zu den markanten Felsgebilden, die noch heute hoch über Berchtesgaden und dem Königssee ruhen. Die Hunde des versteinerten Königs stürzten daraufhin am Großen Hundstod in den Tod.

Die Watzmann Überschreitung in der Übersicht

  • Start: Parkplatz Wimbachbrücke, ÖPNV: Buslinie 846 bis Wimbachbrücke
  • Route: Wimbachbrücke – Mitterkaseralm – Falzalm – Watzmannhaus – Hocheck – Watzmann Mittelspitze – Watzmann Südspitze – Wimbachgrieshütte – Wimbachschloss – Wimbachbrücke
  • Länge: 23,2 km
  • Dauer: 10 – 12 h
  • Höhenmeter: 2.193 hm
  • Höchster Punkt: 2.713 m
  • Einkehrmöglichkeiten: Watzmannhaus (von Juni bis September geöffnet, Übernachtung möglich), Wimbachgrieshütte (Mitte Mai bis Mitte Oktober geöffnet, Übernachtung möglich), Wimbachschloss

Die Watzmann Überschreitung

Die Überschreitung des Watzmanns wird in der Regel in zwei Etappen absolviert. Die erste Etappe ist der Aufstieg zum Watzmannhaus, wo übernachtet wird. Am nächsten Tag folgt die eigentliche Überschreitung, der Abstieg ins Wimbachgries und der Rückweg zum Ausgangspunkt an der Wimbachbrücke.

Auch anders herum ist die Tour mit einer Übernachtung auf der Wimbachgrieshütte möglich, allerdings sind dann am zweiten Tag mehr Höhenmeter zu überwinden. Ambitionierte Bergsteiger schaffen die Watzmannüberschreitung auch an einem Tag.

Der Rekord liegt übrigens bei sagenhaften 2 h 47 min 8 s, aufgestellt von Lokalmatador Anton “Toni” Palzer aus der Ramsau.

Etappe #1: Aufstieg zum Watzmannhaus

Der überwiegende Teil der Watzmann-Bergsteiger absolviert die Überschreitung so wie nachfolgend beschrieben mit einer Übernachtung im Watzmannhaus. Von der Wimbachbrücke geht es in knapp 2,5 bis 3 Stunden an Mitterkaseralm und Falzalm vorbei bis zum Watzmannhaus (1.930 m).

Ein Stück weit anspruchsvoller und länger ist der Aufstieg vom Hammerstielparkplatz über Schappachalm, Kührointalm und den ausgesetzten Falzsteig. An der Falzalm trifft der Weg auf den, der von der Wimbachbrücke nach oben führt.

Im Watzmannhaus unbedingt vorher einen Platz reservieren. Die Vorlaufzeiten für die Reservierung eines Zimmers und eines Lagerplatzes betragen mittlerweile mehrere Wochen. Gerade mit Blick auf stabile Wetterbedingungen ist das heute oft auch Glücksspiel. Für die ganz Mutigen bleibt bei voller Auslastung noch der Platz vor der Hütte oder im Trockenraum der Schuhe. Mit etwaigen Folgen für die Nase.

Biwak am Hocheck

Keine gute Idee ist es übrigens, die Nacht noch weiter oben verbringen zu wollen. Die Biwakschachtel am Hocheck bietet keine Betten, sondern nur einen kargen Holzboden. Das Biwak soll dazu dienen, Bergsteigern in Notsituationen einen Unterschlupf zu gewähren. Nicht nur der Alpenverein verbietet daher die Nutzung für eine geplante Übernachtung. Auch der Nationalpark Berchtesgaden verbietet die Nächtigung grundsätzlich. Wer erwischt wird, muss sich auf eine saftige Geldbuße einstellen.

Etappe #2: Die (eigentliche) Watzmann Überschreitung

Um Staus am Grat aus dem Weg zu gehen, empfiehlt es sich an schönen Tagen möglichst früh und noch im Dunkeln aufzubrechen.

Vorbei am Winterraum des Watzmannhauses geht es in langen Serpentinen durch Geröll hinauf in Richtung Hocheck. Mit etwas Glück lassen sich Steinböcke entdecken, die rund um den Watzmann Zuhause sind. Auf etwa halbem Weg zum Hocheck wird eine mit einem Stahlseil gesicherte Steilstufe überwunden.

Unschwierig geht es weiter bis auf den ersten Gipfel der Watzmann Überschreitung, das Hocheck (2.651 m) mit seinen zwei Gipfelkreuzen (ca. 1,5 h ab dem Watzmannhaus).

Vom Hocheck zur Mittelspitze

Am Hocheck und hinter der kleinen Biwakschachtel beginnt die eigentliche Watzmannüberschreitung. Es folgen die ersten Meter auf dem Grat, die hin und wieder mit einem Drahtseil gesichert sind. Ein Klettersteigset ist dabei nicht unbedingt notwendig, zumal die Gratüberschreitung sowieso nur an wenigen Stellen gesichert ist. Dazu wurden im Sommer 2017 insgesamt 60 Meter Stahlseil am Watzmanngrat zurückgebaut, um der landläufigen Annahme, die Watzmannüberschreitung sei ein durchgehender Klettersteig, entgegenzutreten. Ein Helm gehört aber definitiv ins Gepäck.

Die Schwierigkeiten halten sich auf dem Weg zur Mittelspitze noch in Grenzen. Hier und da müssen die Hände zur Hilfe genommen werden und immer wieder gibt es ausgesetzte Stellen. Bei trockenen Verhältnissen ist der Übergang zur Mittelspitze aber sehr gut gangbar. Nach knapp 40 Minuten ist der höchste Punkt der Watzmann Überschreitung, die Mittelspitze (2.713 m), erreicht.

Von der Mittel- zur Südspitze

Nun wird der Gratverlauf deutlich anspruchsvoller. Es geht erst ein gutes Stück über stark ausgesetztes Gelände bergab. Links warten spektakuläre Tiefblicke in die über 1.000 Meter abfallende berüchtigte Watzmann-Ostwand, deren Durchstieg nicht weniger bekannt als die Watzmann Überschreitung ist. Mit gutem Auge lässt sich weit unterhalb der Südspitze das orange-leuchtende, winzige Ostwandbiwak ausmachen.

Immer wieder sind nun lange ungesicherte Passagen zu überwinden. Die wohl heikelsten Abschnitte sind zumindest teilweise versichert. Stellenweise ist der Grat extrem schmal. Aber es gibt immer ausreichend Griffe und Tritte. So geht es etwa anderthalb Stunden ständig auf und ab, zuletzt wieder etwas leichter, bis zur Südspitze (auch Schönfeldspitze genannt, 2.712 m, nicht zu verwechseln mit der Schönfeldspitze im Steinernen Meer).

Die Aussicht ist überwältigend. Das Göllmassiv, Hochkönig, Großglockner und Großvenediger, der Hochkalter im Westen. Hier gilt es die Speicher nochmal aufzufüllen, denn vorbei ist die Überschreitung an der Südspitze noch nicht und der vielleicht anspruchsvollste Teil folgt erst noch.

Abstieg ins Wimbachgries

Der Abstieg von der Südspitze ins Wimbachgries ist nämlich in erster Linie lang. Sehr lang. 1.400 Höhenmeter gilt es vom Gipfel zunächst bis zur Wimbachgrieshütte zu überwinden. Anfangs geht es über viel lockeres Geröll und Schutt durch recht steiles Felsgelände hinab. An dessen Ende sind oft noch lang bis in den Sommer steile Schneefelder zu finden. In den Geröllfeldern lässt es sich im lockeren Schotter gut abfahren.

Es wartet nun eine weitere Steilstufe, die es noch einmal in sich hat. Das Gelände ist stark ausgesetzt und die Hände kommen entsprechend oft zu. Einsatz. Nach einem weiteren Geröllfeld ist das Wimbachtal nur noch eine nicht enden wollende Steilstufe entfernt.

Ist die geschafft, gibt es zum ersten Mal seit dem Aufbruch am Watzmannhaus die Möglichkeit die erschöpften Wasserreserven aufzufüllen. Der Weg quert nun ein Stück nach links, um dann durch Latschenkiefern, teils durch eine massive Stahlkette versichert, weiter hinab zu führen. Das Wimbachgries ist bald erreicht und damit die Watzmann Überschreitung auch geschafft.

In lockeren 30 Minuten geht es nun weiter bis zur Wimbachgrieshütte. Hier gilt es noch einmal die Reserven aufzufüllen oder mit einer weiteren Übernachtung die Tour noch weiter zu entzerren.

Abstieg durch das Wimbachgries

Schier endlos geht es nun immer nur wenig an Höhe verlierend in Richtung Ausgangspunkt. Knapp neun Kilometer führt der Weg nun durch das karge Wimbachgries. Zwischendrin bietet sich am Wimbachschloss nochmal die Möglichkeit einer Verschnaufpause an. Knapp 1,5 Stunden später ist der Ausgangspunkt an der Wimbachbrücke wieder erreicht und ein kühles Bad in der Ramsauer Ache weckt die ermüdeten Lebensgeister wieder.

Die Tour bei Outdooractive

Alle Daten zur alpinen Bergtour inkl. Karten und GPX-Datei zum Download gibt`s bei Outdooractive.

Fazit

Die Watzmann Überschreitung ist eine grandiose, aber zugleich sehr anspruchsvolle Bergtour, die mit einer Übernachtung auf dem Watzmannhaus oder in der Wimbachgrieshütte auf zwei Etappen aufgeteilt werden kann. Für die eigentliche Überschreitung der drei Watzmanngipfel ist neben einer stabilen Wetterprognose absolute Trittsicherheit und Schwindelfreiheit notwendig.

37 Kommentare

  1. Endlich mal ein Video der Watzmann-Überschreitung, bei dem man sich – dank ruhiger Kamera & langer Sequenzen – wirklich was vorstellen kann! Danke dafür.

    • Dabei ist gaaaaaaaaaanz viel rausgeschnitten. Und Kamera am Brustgurt hat Vorteile gegenüber der auf dem Kopf. Das wackelt viel viel weniger!

  2. […] Der Schleierwasserfall ist das Highlight einer an Highlights nicht armen Wanderung über den Gebirgszug des Niederkaisers. Am Fuß des Wilden Kaisers gelegen, wird der von Bergsteigern oft links liegen gelassen. Dabei ist er so etwas wie das Kaisergebirge im Kleinformat. Schroffe Felsen, steil hinabfallende Wände, Kletterpassagen mit Herzklopfcharakter und Ausblicke von Kitzbühel bis zum Watzmann. […]

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