Unterschätzte Gefahr: So quert man ein Altschneefeld richtig

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Gerade im Frühsommer gibt es in Hochlagen oft noch vereinzelte Schneereste. Steile Altschneefelder können tückisch sein und bergen große Risiken. Wir erklären, wie man ein Altschneefeld sicher quert und wie man sich im Falle eines Sturzes verhält. 

Unterschätzte Gefahr: So quert man ein Altschneefeld richtig © Gipfelfieber
Unterschätzte Gefahr: So quert man ein Altschneefeld richtig © Gipfelfieber

Jahr für Jahr zieht es Wanderer und Bergsteiger bereits ab dem Frühjahr hinaus in die Berge. Wenn im Tal längst Hochsommer ist, muss das für größere Höhen noch lange nicht gelten. Und so halten sich gerade ab 2.000 Meter Höhe Altschneefelder, bei deren Querung Jahr für Jahr schwerwiegende Unfälle geschehen, die leider oft genug auch einen tödlichen Ausgang haben.




Warum sind Altschneefelder so verhängnisvoll?

Das wohl größte Problem ist, dass Altschneefelder unterschätzt werden. Tests haben allerdings ergeben, dass genau das nicht passieren darf. Wer nämlich zum Beispiel auf einem etwas über 40 Grad steilen und harten Altschneefeld ausrutscht, beschleunigt innerhalb kürzester Zeit auf 98 % der Geschwindigkeit des freien Falls.

Rutscht man aus, endet das Schneefeld irgendwann, wo beispielsweise Geröll oder ein Absturz über eine Kante warten. Beides ist bei der erreichten, extrem hohen Geschwindigkeit wenig erstrebenswert. Schwere Verletzungen oder sogar der Tod können die Folge sein.

Wo finden sich Altschneefelder?

Überall da, wo im Winter Schnee lag, können sich auch Altschneefelder sammeln. Besonders oft anzutreffen sind sie im Frühsommer über 2.000 Metern und an nordseitigen Hängen, wo die Sonne kaum oder nur kurze Zeit am Tag hinkommt. Je höher sie liegen, desto länger wird man sie natürlich auch vorfinden.

Als Faustregel kann man sagen, dass man bis 2.500 Meter Höhe mindestens bis Mitte Juli mit Altschnee rechnen muss. Setzt nochmal ein später Neuschnee ein oder der Winter ist besonders schneereich wie im Winter 2024, dann sogar deutlich änger, teilweise sogar über den ganzen Sommer hinweg.

Daher gilt schon bei der Tourvorbereitung sich mit der Karte und dem Routenverlauf vertraut zu machen. Wo könnten potentielle Gefahrenstellen mit Schnee liegen? Lässt sich die Route anders wählen, so dass sie zum Beispiel nur über südseitige Hänge führt? Gibt es im Internet Webcams, um sich zumindest im Umkreis der geplanten Tour ein erstes Bild machen zu können, ob mit Schneefeldern gerechnet werden muss? Wie war der Wetterbericht der letzten Tage? Sind potentielle Gefahrenstellen möglicherweise vereist?

Wie quert man ein Altschneefeld?

Lässt es sich nicht verhindern und man trifft während der Tour auf ein Altschneefeld gilt es besonnen vorzugehen. Folgende Tipps können beim Queren eines Altschneefelds – auch in steilerem Gelände – helfen und ein Ausrutschen verhindern.

  • feste Bergschuhe: eine steife und kantige Sohle sorgt für mehr Halt bei der Querung von Altschneefeldern
  • Steigeisen/Leichteisen oder Grödeln geben dank ihrer Spikes zusätzlichen Halt auf gefrorenem Schnee wie er oft am frühen Morgen vorkommen kann
  • Trekkingstöcke dienen eher dazu das Gleichgewicht zu halten, sind aber nicht verkehrt; noch besser bei der Querung von Schneefeldern: Eispickel
  • sowohl beim Auf- als auch Abstieg sollte das Schneefeld leicht aufsteigend gequert werden
  • langsam gehen, kurze Schritte machen und “Stufen” im Schnee anlegen
  • die Tritte im Altschneefeld sollten mindestens horizontal sein, am besten leicht nach innen zum Hang geneigt, um ein Abrutschen zu erschweren

Wie reagiert man beim Abrutschen?

Da Altschneefelder sich im Tagesverlauf erwärmen, werden sie schnell instabil und selbst, wenn man sich an die obigen Tipps zum Queren eines Altschneefelds hält, kann es passieren, dass ein Tritt unter der Belastung des Gewichts doch versagt und man abrutscht.

Ist man einmal in Bewegung gilt es innerhalb kürzester Zeit zu reagieren. Auf weichen Schneefeldern gilt es daher die Liegestütztechnik anzuwenden. Dabei dreht man sich auf den Bauch und versucht, mit abgespreizten Armen und Beinen sofort bremsen.

Wer mit Steigeisen und Pickel unterwegs ist, darf diese Technik allerdings nicht anwenden, da sonst ein unkontrolliertes Überschlagen droht. Hier gilt es die Füße mit den Steigeisen hochzuheben und den am besten mit beiden Händen umgriffenen Pickel zum Bremsen zu benutzen.

Lieber einmal zurück als gar nicht mehr

Wer auf einer Tour ein Altschneefeld vor sich hat und zweifelt, ob sich dieses ohne weiteres überqueren lässt, sollte sich stets zur Umkehr entscheiden. Gerade bei mehreren Personen spielt die Gruppendynamik eine nicht unwesentliche Rolle bei Entscheidungen, weshalb Zweifel am besten so schnell und so klar wie möglich ausgesprochen werden sollten. Erst recht, wenn die Ausrüstung mangelhaft ist.


9 Kommentare

  1. […] Bei der Wahl der passenden Tour ist aber Vorsicht geboten. Auch wenn die letzten Schneefälle eine Weile zurück liegen, so halten sich besonders in schattigen Nordhängen, wo die Sonne noch nicht viel ausrichten kann, Altschneefelder, deren Überqueren schon bei nicht allzu großen Steilheiten tückisch sein kann. […]

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