Über die Haidenholzalm auf Weitlahnerkopf und Geigelstein – In bleibender Erinnerung

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Vom Bergsteigerdorf Schleching über die Haidenholzalm zum Weitlahnerkopf und auf den Geigelstein. Eine lange Tour in den Chiemgauer Alpen, die zugleich einen tragischen historischen Hintergrund hat.

Geigelstein Gipfel © Gipfelfieber
Geigelstein Gipfel © Gipfelfieber

Als die ersten Sonnenstrahlen am Morgen die Kampenwand in ein warmes Orangerot tauchen, bekommen wir regelrecht Lust auf den Tag und die Wanderung in diesen Teil der Chiemgauer Alpen. Auch wenn die Kampenwand vom Bergsteigerdorf Schleching aus etwas ungewohnt ausschaut, ist sie doch unverwechselbar. Das weithin sichtbare riesige Gipfelkreuz und der zackige Gratverlauf wirken auch vom Achental aus erstaunlich vertraut. 

Weniger imposant ist der Gipfel des Weitlahnerkopfs, dafür geht es hier oben weitaus ruhiger zu als auf den berühmten Nachbarn, der eben genannten Kampenwand im Norden und dem Geigelstein im Süden. Mindestens genauso imposant: Der sagenhafte Blick vom Gipfel des Geigelsteins, der an schönen Tagen bis zum Alpenhauptkamm reicht.



Die Tour in der Übersicht

  • Start (Auto & ÖPNV): Parkplatz Geigelsteinbahn in Schleching, Ortsteil Ettenhausen; Bus 9509 bis Ettenhausen
  • Route: Parkplatz Geigelsteinbahn – Haidenholzalm – Weitlahnerkopf – Rossalm – Geigelstein – Wuhrsteinalm – Parkplatz Geigelsteinbahn
  • Länge (einfach): 16 km
  • Dauer: 5 – 6,5 h
  • Höhenmeter (einfach): 1.257 hm
  • Charakter: konditionell fordernde Tour, technisch weitestgehend einfach; einzig der Abstieg vom Geigelsteingipfel erfordert Trittsicherheit und Schwindelfreiheit
  • Höchster Punkt: 1.808 m
  • Einkehrmöglichkeiten/Hütte: Priener Hütte (Umweg), Wuhrsteinalm

Start im Bergsteigerdorf Schleching

Wir beginnen unsere Wanderung im Bergsteigerdorf Schleching beziehungsweise dem dazugehörigen Ettenhausen, das eingebettet von den Chiemgauer Alpen malerisch am südlichen Ende des Achentals liegt.

Die Bergsteigerdörfer sind eine Initiative der Alpenvereine. Als Bergsteigerdörfer werden Orte ausgezeichnet, die sich ihre Ursprünglichkeit trotz des boomenden Tourismus – vor allem in den Alpen – erhalten konnten. So finden sich in Bergsteigerdörfern keine riesigen Skigebiete mit Aprés Ski-Hütten.

Ganz im Gegenteil, denn weniger ist mehr: Hier wird noch im Einklang mit der Natur gelebt und das Bewusstsein darüber prägt die mittlerweile 33 Orte, die dieses besondere Label tragen dürfen.

Wie es der Name schon sagt, ist das Bergsteigen und Wandern in den Dörfern und Tälern fester Bestandteil der Kultur und auch des eigenen Selbstverständnisses.

In mittlerweile fünf Ländern gibt es Bergsteigerdörfer. In Deutschland war Ramsau bei Berchtesgaden erstes Bergsteigerdorf. 2017 kamen mit Sachrang und Schleching zwei Orte aus den Chiemgauer Alpen dazu. 2018 noch Kreuth unweit des Tegernsees.

Aufstieg zur Haidenholzalm

Von der Talstation der bereits im Jahr 2014 stillgelegten Geigelsteinbahn, ehemals die längste Sesselbahn Deutschlands, geht es langsam aufwärts. Im Herbst leuchten die gesunden Laubwälder in den schönsten Farben und so ist auch der recht lange Zustieg im Wald über breite Forstwege alles andere als eintönig. Nur kurz erhaschen wir zwischendrin Ausblicke auf das Gebiet rund um den Geigelstein.

Wir umrunden die Ausläufer von Spitzberg und Ahornkopf und nach etwa zwei Stunden lichten sich die Bäume und kurz darauf erreichen wir die Haidenholzalm auf 1.380 m.

Das Grab auf der Haidenholzalm

Die Haidenholzalm war in den Wirren der letzten Kriegstage Schauplatz eines dramatischen wie tragischen Ereignisses, an das heute ein Kreuz, etwas unterhalb der Alm und rechts des Weges, mit einer kyrillischen Inschrift erinnert. 

„Bleibende Erinnerung“ so lautet die Übersetzung der Inschrift. Eine bleibende Erinnerung an ein dunkles Kapitel deutscher Geschichte, das die Ethnologin Maria Anna Willer in mehreren Jahren intensiver Forschungsarbeit in Archiven und dem Befragen von Zeitzeugen rekonstruieren konnte. 

Die Flucht von russischen Kriegsgefangenen

So waren im Ortsteil Niederaschau in Aschau im Chiemgau am Eingang des benachbarten Prientals während des Krieges vermutlich fünf russische Kriegsgefangene interniert. Diese mussten im dortigen Sägewerk arbeiten und kurz vor dem sich abzeichnenden Kriegsende schlugen sie ihre Wachposten nieder, bewaffneten sich und flohen in die nahen Chiemgauer Berge. 

Verfolgt von der Landwehr und dem Volkssturm aus Schleching wurden zwei (womöglich auch drei) Geflohene auf der Haidenholzalm gestellt. Es entbrannte eine Schießerei, in deren Verlauf zwei Kriegsgefangene ums Leben kamen. Ein weiterer wurde noch im Feuerwehrhaus von Schleching festgehalten. Ungeklärt ist, was mit den übrigen Gefangenen geschehen ist.

Das Kreuz auf der Haidenholzalm

Die Sennerinnen der Haidenholzalm sorgten schließlich dafür, dass die beiden Toten nicht vergessen wurden und stellten schon wenig später ein erstes einfaches Holzkreuz auf. Das heutige Kreuz wurde später während einer Bergmesse feierlich geweiht und sorgt so dafür, dass die Erinnerung an die Geschehnisse auch verbleibt.

Weiterweg zum Weitlahnerkopf

Hinter der Haidenholzalm steigen wir nun auf einem schmalen Steig weiter auf, verlassen schon bald die Waldzone und queren einen langen Hang bis wir einen mit Latschen bewachsenen Bergrücken erreichen. 

Auf dem wendet sich der Steig scharf nach rechts und ohne großartig Höhenmeter zu gewinnen oder zu verlieren, erreichen wir knapp 15 Minuten später den Gipfel des Weitlahnerkopfs auf 1.615 Meter Höhe. Das Gipfelkreuz ist zwischen den Latschen erst spät zu sehen, dafür entschädigen die Ausblicke zur Kampenwand im Norden und bis zum Großglockner im Süden.

Weitlahnerkopf © Gipfelfieber
Weitlahnerkopf © Gipfelfieber

Abstieg oder Übergang zum Geigelstein

Für den Abstieg sind gleich mehrere Varianten denkbar. Eine Variante führt kurz mit einem Drahtseil gesichert unmittelbar vom Gipfel nach Norden und hinab zum Dalsen-Sattel. Dem schließt sich der lange Abstieg hinab nach Schleching und zum Ausgangspunkt an. 

In etwa genauso lang, aber doch deutlich reizvoller ist es, vom Weitlahnerkopf auf dem Kamm zurück bis zum Steig zu gehen, der von der Haidenholzalm hinauf kommt. Anschließend geht es über die Rossalm weiter zum Geigelstein (1.808 m) und so auf den höchsten Gipfel der Chiemgauer Alpen, der komplett auf deutschem Boden liegt. Vom Gipfelkreuz und der kleinen Kapelle geht es über die Südflanke des Geigelsteins nun in eine Scharte hinab, in der der Abstieg zur Wuhrsteinalm abzweigt. Dem folgen wir, um schließlich parallel zur aus der Betriebsruhe nicht mehr zurückgekehrten Geigelsteinbahn zurück zum Ausgangspunkt nach Schleching-Ettenhausen zu wandern.

Die Tour bei Outdooractive

Die Wanderung auf den Geigelstein über die Haidenholzalm und den Weitlahnerkopf inkl. den GPX-File:

Fazit

Die Tour von Schleching auf den Weitlahnerkopf und zum Geigelstein ist technisch nicht anspruchsvoll, dafür aber lang. Auf den historischen Pfaden spielte sich zu Kriegsende ein Drama ab, an das auf der Haidenholzalm heute ein Gedenkkreuz erinnert.

Übrigens: Blogger-Kollege und Autor Alexander Willig von luftschubser.de war es übrigens, bei dem ich zum ersten Mal über die Geschichte gestolpert bin und die mich seitdem nicht losgelassen hat.

 

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