Reintalangerhütte: Zu Besuch auf Deutschlands erster Biohütte

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Seit der Hüttensaison 2022 ist die Reintalangerhütte Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit. Von einer Hütte die mehr als nur eine Durchgangsstation auf dem Weg zur Zugspitze ist.

Reintalangerhütte © Gipfelfieber
Reintalangerhütte © Gipfelfieber

Die Reintalangerhütte ist eine der wichtigsten Stationen auf dem Weg auf die Zugspitze, Deutschlands höchsten Gipfel. Hier macht Rast, wer den wahrscheinlich längsten, aber zugleich auch einfachsten Aufstieg auf sich nimmt und die Begehung auf zwei Tage aufteilt.

Dabei ist die Reintalangerhütte, deren Bewirtschaftung Julia und Andy zum wohl denkbar schlechtesten Zeitpunkt aller Zeiten im Frühjahr 2020 übernommen haben, mehr als nur eine Durchgangsstation. Der Bergsteiger Josef Naus aus dem benachbarten Tirol nächtigte hier bereits nach seiner Erstbesteigung der Zugspitze am 27. August 1820.

Seit 1913 ist die Reintalangerhütte bereits ein wichtiger Stütztpunkt in diesem abgelegenen Teil des Wettersteingebirges. Von außen hat sich seitdem grundsätzlich relativ wenig getan. 2003 wurde sie sogar als Baudenkmal ausgezeichnet. Im Inneren, erst recht bei der Art der Bewirtschaftung, allerdings schon. Denn heute ist die Reintalangerhütte Deutschlands erste Biohütte.

Julia & Andy von der Reintalangerhütte im Video-Interview

Kaipara Green Trails

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Wir haben die Reintalangerhütte im Rahmen der Kaipara Green Trails besucht. Die führen auf “grünen Wegen” überall dahin, wo besonders nachhaltig und ökologisch gearbeitet wird. Zusammen mit Rangern in Nationalparks, in Bergsteigerdörfer, wo Massentourismus ein Fremdwort ist oder zu Hütten mit dem Umweltgütesiegel des Alpenvereins.

Für diese Werte steht auch die Marke Kaipara, die hochwertige T-Shirts, Longsleeves, Jacken und Decken aus reiner Merinowolle herstellt.

Mehr zu Kaipara und was Merino so angenehm und zugleich aber anspruchsvoll macht, gibt es hier im Interview mit dem Gründer Frank Selter.



Von Garmisch-Partenkirchen in die Partnachklamm

Der Aufstieg zur ersten deutschen Biohütte beginnt in Garmisch-Partenkirchen bei der ehemaligen Olympiaskisprungschanze. Das erste Ziel auf dem Weg ist die Partnachklamm, deren touristische Erschließung parallel zum Bau der Reintalangerhütte im Jahr 1912 erfolgte. Noch heute ist die Partnachklamm eines der beliebtesten Touristenattraktionen der Region, wenn nicht sogar bayernweit.

Nach einer knappen halben Stunde zu Fuß (oder per Kutsche) ist der Eingang der Klamm erreicht. Hier werden 6 € Eintritt entrichtet (Stand 2022; Einheimische & Urlauber mit Gästekarte: 5 €, Kinder: 3 €). Schon bald befinden wir uns in der dunklen, tief in den Berg hineingeschnittenen Klamm. Kaum vorstellbar, dass die Partnachklamm bereits vor der Erschließung von Einheimischen begangen wurde, um verkeiltes Holz, das aus dem oberen Reintal nach Garmisch-Partenkirchen transportiert werden sollte, zu lösen. Eine Aufgabe, die nicht wenige mit dem Leben bezahlten.

Der in den Fels gesprengte Weg durch die Partnachklamm ist ähnlich beeindruckend wie die nahe Höllentalklamm, auch wenn wir uns die Schlucht mit Heerscharen an Touristen teilen müssen.

Durch das Reintal zur Bockhütte

Direkt hinter dem Ausgang der Partnachklamm wird es dafür umso ruhiger. Kaum einer verirrt sich hier hinter. Kein Wunder: Die Zeitangaben zu den nächsten Zielen haben es allesamt in sich. Zugspitze: 10 1/2 Stunden steht da unter anderem geschrieben. Wahrscheinlich auch, um leicht beschuhte Partnachklamm-Touristen ein Stück weit abzuschrecken.

Dabei ist der Weiterweg das Reintal hinauf alles andere als anspruchsvoll. Es geht stetig, nur wenig steil aufwärts. Die Wege sind breit. Eine knappe Stunde nach Verlassen der Klamm erreichen wir die Hinterklamm. Hier führt allerdings kein Weg hindurch, sondern es locken nur ein paar spannende Tiefblicke auf das türkis funkelnde Wasser der Partnach.

Bald darauf, kurz nachdem der Steig zum Schachenhaus abzweigt, ist mit der Bockhütte dann auch eine willkommene Raststation auf dem Weg zur Reintalangerhütte erreicht.

Reintalangerhütte

Nachdem sich das immer wieder beeindruckend schöne, aber zugleich wilde Wettersteingebirge bisher gut hinter dichten Bäumen versteckt hat, so ändert sich das auf dem Weiterweg zur Reintalangerhütte beinahe schlagartig. Fortan ist der Ausblick auf das hintere Reintal allgegenwärtig und auch ein Blick zurück zu den markanten Dreitorspitzen ist immer wieder lohnenswert. Der Steig ist nun deutlich schmaler, aber Schwierigkeiten stellen sich auf den knapp zwei Stunden ab der Bockhütte bis zum Tagesziel keine in den Weg.

Die Hütte bietet heute in den Matratzenlagern und Zimmern Platz für 137 Bergsteiger. Die erste, bereits 1881 erbaute Reintalangerhütte, steht auch heute noch und dient als Winterraum.

Deutschlands erste Biohütte

Andy Kiechle und seine Frau Julia bewirten die Hütte mitsamt der vielen Gäste, die meist die Zugspitze als Ziel anvisiert haben, seit dem Frühjahr 2020. Ein Unbekannter ist Andy auf der Hütte allerdings nicht. So wuchs er als Kind vis-à-vis zum langjährigen Hüttenwirt Charly Wehrle auf und arbeitete so als Kind schon auf der Reintalangerhütte. Nach dem tödlichen Eiskletterunfall von Michael Stimmer, der die Hütte bis 2018 betreute, lag es auf der Hand, dass Andy auf die hinterbliebene Steffi Stimmer folgte und die Geschicke übernahm.

Julia, die noch vor zwei Jahren in der Bio-Branche tätig war, folgte ihrem Andy bald mit auf die Reintalangerhütte. Schon beim Blick auf die Speisekarte wird deutlich, dass die beiden jungen Wirte ein nachhaltiges Konzept verfolgen. So steht zu jederzeit auch ein veganes Menü zur Verfügung. Die Produkte kommen so weit es möglich ist aus der unmittelbaren Region, auch wenn sie umständlich per Helikopter angeliefert werden müssen. Anders ist eine Versorgung der frequentierten Reintalangerhütte nicht möglich, so abgelegen ist sie.

Seit dem Jahr 2022 ist der urige Stützpunkt am Fuß der Zugspitze nun auch Bio-zertifiziert. Dass das hausnahe Wasserkraftwerk zu Stoßzeiten am Abend manchmal am Anschlag arbeitet, merken wir nur, als das Licht im Gastraum immer mal wieder kurz flackert.

Zum Partnachursprung

Noch am Nachmittag lohnt sich ein Abstecher zur Quelle der Partnach, die etwa 500 Meter oberhalb der Hütte entspringt. Die Partnach ist so etwas wie das Lebenselexir der Hütte, denn ohne sie gäbe es weder Strom noch ausreichend Wasser. Ob das so bleibt, steht aber in den Sternen. Denn gespeist wird die Partnach vom Schneefernergletscher auf dem Zugspitzplatt. Zumindest der Südliche Schneeferner wird seit September 2022 nicht mehr als Gletscher geführt, da sein Umfang zu sehr geschrumpft ist. Dem Nördlichen Schneeferner droht ein ähnliches Schicksal, auch wenn es bis dahin noch etwas dauern kann.

Beeindruckend ist die Karstquelle der Partnach aber in jedem Fall. Aus dem Boden wird das Wasser förmlich herausgepresst. Über 16.000 Liter pro Sekunde wurden schon gemessen. Im Mittel sind es wohl knapp 4.000 Liter pro Sekunde, die ans Tageslicht drängen und sich sogleich laut rauschend auf den Weg ins Tal stürzen.

Weiterwege, Aufstiege und Gipfel

Die Reintalangerhütte bietet sich nicht nur als Durchgangsstation auf dem Weg zur Zugspitze an. Rund um die Hütte gibt es etliche großartige Touren, vor allem auch für Kletterer.

Zugspitze

Mit 2.964 Metern Höhe ist die Zugspitze Deutschlands höchster Gipfel und das Ziel von wahrscheinlich über 95 Prozent der Hüttenbesucher. Der Aufstieg erfolgt über das Zugspitzplatt und zuletzt anspruchsvoller hinauf zum Gipfel.

Dauer: ca. 6 h.

Schützensteig

Der Schützensteig führt unter den Ausläufern des Grats östlich des Hochblassens zunächst steil hinauf und schließlich sehr einsam auf der Südseite bis zur Mauerscharte. Der Einstieg befindet sich von Garmisch kommend etwa fünf Minuten vor Erreichen der Hütte. Der alpine Steig ist gerade im letzten Teil sehr anspruchsvoll und herausfordernd (Trittsicherheit und Schwindelfreiheit!), bietet dafür ein umwerfendes Panorama in Richtung Schachenhaus und über das ganze Reintal.

Dauer: ca. 3,5 h; Abstieg nach Garmisch-Partenkirchen ca. 2 h

Hochwanner

Die gewaltige 1.400 Meter hohe Nordwand des Hochwanners ragt südlich über der Reintalangerhütte auf und ist bei Kletterern sehr beliebt. Einfacher geht es auf Deutschlands zweithöchsten Gipfel über den Normalweg mit den Stationen Knorrhütte, Gatterl und Steinernes Hüttl. Der Anstieg von Süden ist lediglich mit Steinmännern markiert und wartet nur mit einer leichten Kletterstelle (I) auf.

Dauer: ca. 3 h über Normalweg

Fazit

Alle Wege zur Reintalangerhütte sind vor allem eins: Lang. Dafür fühlen sich nicht nur Zugspitzaspiranten auf Deutschlands erster Biohütte wohl, was nicht nur an der herrlichen Lage inmitten des Wettersteingebirges liegt, sondern nicht weniger an den herzlichen Gastgebern Julia und Andy.

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