Schneebrettlawine, Nassschneelawine und mehr. Skitourengeher sollten die wichtigsten Lawinenarten unterscheiden können. So erkennst Du sie.
Lawinen sind die unsichtbare Gefahr beim Skitourengehen. Über 90 Prozent der Wintersportler lösen Lawinen selber aus. Nicht nur das Mitführen der richtigen Lawinennotfallausrüstung reicht daher aus, am besten ist es, das Auslösen von Lawinen bei einer Skitour komplett zu vermeiden. Dabei hilft ein grundlegendes Verständnis, welche Lawinenarten es gibt, wie sie ausgelöst werden und wann und in welchen Situationen sie auftreten. Die fünf relevantesten Lawinenarten für Skitourengeher stellen wir hier vor.
Auf die Skitour, fertig, los
Zusammen mit den beiden Bergführern Lukas Kühlechner und Alex Klampfer aus dem schönen Montafon bereiten wir dich mit der Serie “Auf die Skitour, fertig, los” auf die Skitourensaison vor, ganz egal ob Einsteiger oder Fortgeschrittener. Mehr über Lukas und sein Unternehmen erfährst du im Interview mit ihm.
Auf unserem Youtube-Kanal veröffentlichen wir regelmäßig neue Folgen.
Alex und Lukas betreiben zusammen das Unternehmen Firmalpin, wo sie mit ihrem Know-How bei der Entwicklung von Produkten im Bergsportbereich unterstützen, aber auch Lenkungskonzepte für den Tourismus erarbeiten, Berufskletterer schulen oder Dich auf die Gipfel der Silvretta oder im Rätikon begleiten.
Inhaltsverzeichnis
Lawinenarten – Übersicht
Folgende Lawinenarten sind vor allem für Skitourengeher interessant.
- Staublawine
- Nassschneelawine
- Gleitschneelawine
- Lockerschneerutsche
- Schneebrettlawine
Video: Bergführer Lukas erklärt die 5 wichtigsten Lawinenarten
Die verschiedenen Lawinenarten
Nachfolgend zeigen wir Dir die fünf wichtigsten Lawinenarten, die Skitourengeher nicht nur kennen, sondern auch erkennen sollten. Dazu erklären wir wo und wann sie typischerweise auftreten und wie sie ausgelöst werden.
Staublawine
Staublawinen entstehen auf steilen Hängen mit Neigungen ab 40 Grad. Sie entwickeln sich meist aus Schneebrettlawinen oder Lockerschneerutschen, bei denen Schnee und Luft eine Staubwolke bilden. Mit Geschwindigkeiten von bis zu 350 km/h können sie erhebliche Schäden verursachen, Wälder ummähen, Dächer abreißen und Fenster eindrücken. Staublawinen sind selten, aber extrem imposant. Oft treten sie nach massiven Schneefällen auf, wobei der genaue Entstehungsmechanismus noch nicht vollständig geklärt ist.
Die Auswirkungen auf zivilisatorische Einrichtungen sind im Talgrund oder in den unteren Bereichen der Lawinenbahn besonders spürbar. Staublawinen können beträchtliche Distanzen zurücklegen oder sogar einen Gegenhang förmlich hinaufklettern.
Die Forschung konzentriert sich auf die Auslaufgebiete, um Gefahrenzonen zu identifizieren und Schutzmaßnahmen zu entwickeln. Die katastrophalen Staublawinen von Galtür im Jahr 1999, die 38 Menschenleben kosteten, verdeutlichen die immense Zerstörungskraft dieser Schneemassen. Die hohe Geschwindigkeit und die entstehende Staub-Luft-Mischung können lebensgefährlich sein, da der Schnee-Luft-Staub mit Druck in die Lungen gepresst wird. Präventive Sprengungen werden durchgeführt, aber bei extremen Schneefällen bleibt die Lage schwierig.
Für Skitourengeher sind Staublawinen allerdings weniger relevant.
Nassschneelawine
Nassschneelawinen entstehen vor allem im Frühling bei Plusgraden, Regen oder tageszeitlicher Erwärmung. Gelöster Schnee bildet eine instabile Schneedecke, die durch flüssiges Wasser an Schichtgrenzen geschwächt wird. Sie können spontan aus Schneebrettern oder Lockerschneelawinen entstehen. Regionen mit schwachem Schneedeckenaufbau sind besonders gefährdet.
Die Lawinengefahr steigt tagsüber, vor allem auf sonnenbeschienenen Hängen. Nassschneelawinen können lebensgefährlich sein, da die Schneedecke durchnässt und rutschig wird. Die Situation im Frühjahr ist komplex, und kleine Veränderungen in Höhe, Steilheit und Exposition können große Auswirkungen haben.
Generell gilt für Skitouren im Frühjahr: Früh auf den Berg, früh zurück!
Gleitschneelawine
Gleitschneelawinen stellen eine besondere Lawinenart dar, bei der die Schwachschicht nicht innerhalb der Schneedecke liegt, sondern am Boden selbst. Diese Lawinen gleiten direkt auf dem Grund ab und können durch glatte Oberflächen wie Gras oder Felsplatten ausgelöst werden. Entscheidend ist eine feuchte Grenzschicht zwischen Schneedecke und Boden. Gleitschneerisse, sogenannte Fischmäuler, halbkreisförmige Risse, können auf eine erhöhte Abgangsbereitschaft hinweisen.
Gleitschneelawinen sind schwer vorherzusagen, können spontan abgehen und sind selten durch Wintersportler auslösbar. Risikominimierung erfordert das Meiden von Bereichen unter Gleitschneemäulern und eine genaue Beobachtung des Geländes.
Lockerschneerutsche
Lockerschneelawinen sind weniger gefährlich als Schneebrettlawinen, da sie oft klein und punktförmig entstehen. Bei trockenem Schnee benötigen sie eine Neigung von mindestens 40°, während nasse Lockerschneelawinen bei starker Erwärmung ab etwa 35° auftreten. Der Schneeballeffekt lässt die Lawine an Größe gewinnen, wobei die Hauptgefahr darin besteht, aus dem Gleichgewicht gerissen zu werden.
Sie treten nach Schneefällen oder Erwärmung auf und können in steilem Gelände beachtliche Größen erreichen. Die spontane Auslösung durch Wintersportler ist möglich, wobei eine seitliche Flucht empfohlen wird, da Verschüttungen selten sind.
Schutzmaßnahmen umfassen das Vermeiden steiler Hänge und die Beachtung von Lawinenlageberichten.
Schneebrettlawine
Schneebrettlawinen stellen die größte Gefahr für Wintersportler dar, da über 90 Prozent der Lawinenopfer von ihnen selbst ausgelöst werden. Abgänge von Schneebrettlawinen stellen für Skitourengeher die größte Gefahr dar.
Diese Lawinen entstehen aufgrund einer ungünstigen Kombination von Schneebrett und Schwachschicht, wobei vier Voraussetzungen erfüllt sein müssen: eine problematische Schichtung der Schneedecke, ein auslösendes Moment (wie die Zusatzlast eines einzelnen Skifahrers), eine flächige Kombination von Schneebrett und Schwachschicht sowie eine ausreichende Hangneigung (> 30 Grad).
Die Schichtung der Schneedecke ist entscheidend, wobei schwache Schneeschichten weich und grobkörnig sind, während Schneebretter aus dickeren, gut miteinander verbundenen Schichten bestehen. Schneebrettlawinen können bei verschiedenen Lawinensituationen auftreten, wie Neuschnee-, Triebschnee-, Nassschnee- und Altschneesituationen.
Um die Gefahr zu minimieren, sollten Skitourengeher den Lawinenlagebericht nutzen und im Gelände die Lawinenprobleme beobachten. Während der Skitour sollte auf Warnsignale wie “Wumm”-Geräusche oder Risse in der Schneedecke geachtet werden.
Eine sorgfältige Tourenplanung, Kenntnisse über Lawinenprobleme und die richtige Einschätzung der aktuellen Schneeverhältnisse sind essenziell, um das Risiko von Lawinenabgängen zu reduzieren.
Voraussetzungen für eine Schneebrettlawine im Überblick
- Gebundene Schneedecke (z.B. Triebschnee)
- Schwachschicht
- Zusatzbelastung
- Hangneigung von über 30 Grad
Unsere aktuelle Skitouren-Ausrüstung
Fazit
Um einen Lawinenabgang auf einer Skitour vermeiden zu können, ist es wichtig, die wichtigsten Arten von Lawinen zu kennen und diese unterscheiden zu können. Vor allem die Schneebrettlawine ist für Skitourengeher relevant, da sie die meisten Opfer fordert.
Fotos: Titelbild von Lukas Ruetz, Firmalpin & Gipfelfieber