Die Besteigung vom Großen Ochsenhorn in den Loferer Steinbergen verlangt dem Bergsteiger einiges ab. Kombiniert mit einer Nacht unter freiem Himmel verringern sich aber die Strapazen während sich gleichzeitig die Momente des stillen Genießens vervielfachen.
Haben wir es da nicht mal wieder übertrieben? Woher der Spruch “Es geht nur schleppend voran” herkommt, wird uns klar als wir uns schon zwei Stunden mit bis zum Rand gefüllten Rucksäcken den Steig hinauf quälen. Schlafsack, Isomatte und vier Liter Wasser sind da nur die essentiellen Dinge. Aber jeder noch drei Dosen Bier, den Kocher, das nicht aufgeladene Akku-Pack und ein Klettersteig-Set samt Helm? Ob das wirklich hätte sein müssen? Ja und nein.
Inhaltsverzeichnis
Aufstieg über den Schärdinger Steig
Um uns herum beginnt es langsam zu dämmern während wir uns und viel zu viel Gepäck den Berg hinauf schleppen. Gestartet sind wir am späten Freitagnachmittag bei der Wallfahrtskirche Maria Kirchental etwas oberhalb von Lofer. Die letzten Meter bis zum Startpunkt führt eine Mautstraße, die im Winter als Rodelbahn dient, steil bergauf.
Wir halten uns am Schärdinger Steig (Weg 613), der irgendwann nach unserem anvisierten Etappenziel bis zur Schmidt-Zabierow-Hütte führt. Unangenehm steil und teilweise über feuchtes Gestein geht es im Wald bergauf bis der sich langsam lichtet und Latschen und große Felsbrocken das Bild prägen. Und dann kommt unser Ziel endlich ins Bild: Das Prax Biwak.
Das Prax Biwak und die Prax Eishöhle
Mitten in der Landschaft wurde hier schon vor einer ganzen Weile eine kleine Biwakschachtel als Rückzugsort und Fluchtmöglichkeit mit viel Mühe und noch mehr vergossenem Schweiß errichtet. Völlig unscheinbar steht sie geschützt von einem riesigem Fels in den Nordausläufern des Großen Ochsenhorns, der Großen Schneegrube. Vom Schnee ist allerdings nahezu nichts geblieben. Nur viel weiter oben hat sich noch ein winziges Schneefeld halten können. Zu wenig für die kleine Wasserstelle in der Nähe des Prax Biwaks, die laut Hüttenbuch wohl kürzlich versiegt ist.
Etwas weiter gen Tal wartet noch eine Besonderheit: Die Prax Eishöhle, die bereits 1925 erforscht wurde, führt einen Kilometer vorbei an bizarren Eisformationen durch den Berg. Für uns bleibt sie allerdings verschlossen, denn die Besichtigung ist nur nach vorheriger Anmeldung zusammen mit einem Höhlenführer möglich (Kontakt: Franz Meiberger, praxeishoehle@saalachtal.net).
Wir erleichtern uns erst einmal unserer Rucksäcke und machen es uns bequem. In der Miniatur-Hütte gibt es mit etwas Wohlwollen Platz für vier Personen. Aber das haben wir gar nicht vor. Denn draußen wartet die perfekte sternenklare Nacht auf uns. Und die Aussicht auf den wollen wir uns nicht vom Hüttendach nehmen lassen. Mit einer warmen Mahlzeit und einem Bierchen geht es in den kuschelig warmen Schlafsack.
Aufbruch zum Großen Ochsenhorn
Während wir am nächsten Morgen eine Weile brauchen, um in die Gänge zu kommen und noch lange nach dem Aufwachen im Schlafsack liegen und einfach nur die Kulisse genießen, passieren uns schon die ersten Wanderer und Bergsteiger. Viele sind es nicht. Überhaupt ist an diesem traumhaften Wochenende, wo einige Gipfel und Berge in den Voralpen, den Chiemgauer und Berchtesgadener Alpen geradezu überrannt werden, in den Loferer Steinbergen nur wenig los.
Vom ursprünglichen Plan, zur Schmidt-Zabierow-Hütte weiterzugehen und von dort über den Nackten-Hund-Klettersteig auf das Mitterhorn aufzusteigen (daher das Übergepäck Klettersteigset), nehmen wir Abstand. Warum das Große Ochsenhorn, immerhin der höchste Gipfel der Loferer Steinberge, links liegen lassen, wenn wir quasi in der Pole Position sind?
Also steigen wir in der Großen Schneegrube auf, direkt auf die Nordwand des Großen Ochsenhorns zu, lassen das letzte Grün bald hinter uns und über Geröll und etwas forderndere Platten und Dolinen geht es bis auf eine Anhöhe.
Kletterei und Gratpassagen
Hier zweigt links ein sehr unscheinbarer Weg, der mit verblassten roten Punkten markiert ist, in Richtung Großes Ochsenhorn ab, während es “geradeaus” weiter in Richtung Hütte geht. Es wird sofort deutlich anspruchsvoller, führt in leichtes Klettergelände und anschließend über den breiten Rücken durch Fels und Schrofen in die Westflanke des Gipfels.
Wir queren einen langen Hang im Schotter, von rechts kommt der reguläre Aufstieg hoch und bald müssen wir eine langgezogene Rinne durchklettern, immer wieder mit Stellen im 1. Schwierigkeitsgrad, die aber gut machbar sind.
Der Aufstieg ist recht mühsam und auch wenn wir das Gipfelkreuz schonmal kurz zu Gesicht bekommen, zieht es sich noch bis hin. Eine weitere, diesmal recht ausgesetzte Rinne wird durchquert (mit Stahlseil entschärft) und an deren Ende geht es im Schutt und einer letzten Kraxeleinlage zum Gipfelkreuz vom Großen Ochsenhorn auf 2511 Meter Höhe, von wo der Blick über Reiteralpe, Leoganger Steinberge, Hochkranz und Hochkalter bis zum Watzmannmassiv reicht.
Nach einer kurzen Pause geht es zurück. Bis zum Abzweig auf der Anhöhe geht es nicht viel schneller als beim Aufstieg. Das Gelände ist durchgehend zu anspruchsvoll, um großartig Zeit rauszuholen. Wir gabeln wieder unser Gepäck auf, welches wir hier in einer Felsspalte platziert haben, sind froh es nicht mitgeschleppt zu haben, pausieren bei einem Stück Almkäse, einer Semmel und dem Blick ins Herz der Loferer Steinberge.
Alternativer Abstieg oder auch nicht
Wer mit zwei PKWs aus verschiedenen Richtungen angereist ist und ein Auto vor dem Aufbruch nahe dem westlichen Ortsausgang von Lofer platziert hat, kann über die Schmidt-Zabierow-Hütte direkt dorthin absteigen und aus der Tour so eine Rundtour machen.
So auch unser Plan, doch gerade rechtzeitig fällt mir ein, dass der Autoschlüssel des eben dort geparkten Autos in der Tür des anderen Autos in Maria Kirchental liegt. Auf Gegenanstiege sind wir heute nicht mehr allzu gut zu sprechen und so steigen wir über den Aufstiegsweg wieder gen Wallfahrtskirche ab, nicht ohne am Biwak noch die beiden verspäteten Gipfel-Biere zu genießen, die wir eigentlich nach uns kommenden Biwakierern im Prax Biwak hinterlassen wollten.
Wie der Aufstieg zum Biwak zieht sich auch der Abstieg. Vor allem im unteren Teil, wo es steil und zunehmend rutschig wird, dauert es, aber irgendwann sind wir zurück am Startpunkt und füllen glücklich und zufrieden die leeren Energiespeicher wieder auf.
Fazit
Vor allem mit der Nacht am urigen Prax Biwak unter einem genialen Sternenhimmel ist der Ausflug in die Loferer Steinberge, wo es vergleichsweise ruhig zugeht, ein echter Tipp für Genussbergsteiger. Die Krönung wartet mit der durchaus anspruchsvollen Besteigung des Großen Ochsenhorns am nächsten Tag.
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