Projekt 16 Gipfel: Großer Beerberg, Schneekopf und Thüringer Träume

1

Der Große Beerberg ist der höchste Berg Thüringens. Nur sehen tut man davon nichts. Nebenan dafür umso mehr.

Projekt 16 Gipfel: Großer Beerberg, Schneekopf und Thüringer Träume © Gipfelfieber
Projekt 16 Gipfel: Großer Beerberg, Schneekopf und Thüringer Träume © Gipfelfieber

“Diesen Weg auf den Höhen bin ich oft gegangen, 
Vöglein sangen Lieder. 
Bin ich weit in der Welt, habe ich Verlangen. 
Thüringer Wald nur nach Dir.”

Das Rennsteiglied bekommt jeder Thüringer in die Wiege gelegt und so bin auch ich als Exil-Thüringer textsicher. Zumindest bei der ersten Strophe. Die trällern wir gemeinsam vor uns hin als wir uns im Rahmen unserer 16 Gipfel-Tour quer durch Deutschland auf den Weg machen, den höchsten Punkt Thüringens zu besteigen und dabei gleich an zwei unterschiedlichen Orten herauskommen, wovon wir nur einen betreten dürfen.

Allerdings ist es in Thüringen nicht ganz so schwierig wie in Brandenburg, wo sich drei Punkte um den höchsten Ort des Landes streiten. Im Thüringer Wald sind die Rollen einfacher verteilt: Es gibt einen höchsten Berg – den Großen Beerberg. Und einen höchsten Punkt, der den höchsten Berg um einige Meter überragt, sogar die magische 1.000er Grenze.

Ein fast echter 1.000er

Denn die 1.000er-Marke ist es, die die Thüringer offenbar umtreibt oder zumindest lange Zeit umgetrieben hat. In den 90er Jahren, die Wiedervereinigung war noch nicht fern und die russischen Streitkräfte, die den östlichen Nachbarn des Großen Beerbergs, den Schneekopf, für militärische Zwecke besetzt hielten, zogen nach und nach ab.

Während der Große Beerberg (982 m) sich auf Grund des Hochmoores in seinem Gipfelbereich nicht dazu eignet, erhöht zu werden, dachte man laut darüber nach, den Schneekopf, mit 978 m zweithöchster Berg des Freistaats Thüringen, zu erhöhen und zum stattlichen 1.000er zu machen. Mit Sand und Schotter sollten die fehlenden 22 Meter künstlich hinzugefügt werden. Anklang fand diese Idee aber nicht und nach einigen kritischen Stimmen verlief der Gedanke an eine Aufschüttung sprichwörtlich im Sande.

Trotzdem wurde die Marke von 1.000 Metern Höhe im Jahr 2008 noch geknackt. Ab Mitte 2007 wurde auf dem Schneekopf ein Turm errichtet wie er schon vor der Besetzung des Gipfels durch die sowjetischen Truppen dort stand. Während der damalige Turm knapp die magische Grenze erreichte, setzte man 2007 noch einen drauf und so liegt der höchste Punkt Thüringens nun in 1.004,15 Meter Höhe.

Am Rennsteig durch das Land

“Ich wand’re ja so gerne, am Rennsteig durch das Land.
Den Beutel auf dem Rücken, die Klampfe in der Hand”

In etwa so klingt es, als wir uns südlich von Oberhof, dem bekanntesten Wintersportort des Thüringer Waldes, von einem der zahlreichen Wanderparkplätze auf den Weg machen, um den höchsten Gipfel Thüringens zu erreichen. Der Wanderweg führt uns weg von Oberhof und über den Rennsteig, den knapp 170 Kilometer langen Fernwanderweg, der von Eisenach dem Kamm des Thüringer Waldes folgend bis nach Blankenstein führt. Auch von den Suhler Ortsteilen Goldlauter und Heidersbach führen Wanderwege zum Rennsteig und zum Großen Beerberg.

Während die Wälder rund um den Brocken im Harz, aber auch am Natursteig Sieg vom Klimawandel arg in Mitleidenschaft genommen sind, hält sich das im Grünen Herzen Deutschlands noch in Grenzen. So wandern wir durch sattgrüne Nadelwälder und erfreuen uns an Beeren und Pilzen, die wir neben dem Rennsteig immer wieder entdecken können.

Ohne Gipfel am Großen Beerberg

Bald erreichen wir nach leichten Auf und Abs die Plänckners Aussicht, hinter der der Große Beerberg aufragt. Oder sagen wir: Sich versteckt. Denn vom Gipfel und dem höchsten Berg Thüringens mitsamt seinen Nebengipfeln sieht man auf der Wanderung über den Rennsteig so gut wie nichts. Im sanften Kammverlauf fällt der Große Beerberg kaum auf.

Dazu kommt: Der eigentliche Gipfel darf nicht betreten werden, denn das Hochmoor im Gipfelbereich ist ein geschütztes Biosphärenreservat. Daher endet die Besteigung des höchsten Berges von Thüringen am Aussichtsturm, immerhin mit einer schönen Aussicht gen Süden.

Weiter zum Schneekopf

Aber es gibt ja noch einen “Nebengipfel”, gar einen benachbarten 1.000er. Die Gipfeltour zum Schneekopf ist nicht weit. Der Sattel zwischen beiden Gipfeln liegt lediglich knappe 59 Meter tiefer und nach einem kurzen Gegenanstieg auf dem breiten Wanderweg erreichen wir ohne große Anstrengung den Gipfel des Schneekopfs, den seit Juni 2018 auch ein Gipfelkreuz ziert. Beim Erklimmen der 126 Stufen im Turm auf dem Schneekopf Gipfel überschreiten wir schließlich auch die magische Grenze von 1.000 Metern und sehen von hier zum ersten Mal endlich so richtig den benachbarten Großen Beerberg.

“Ich bleib, so lang es mir gefällt und ruf es allen zu:
Am schönsten Plätzchen dieser Welt, da find ich meine Ruh.”

Der Fernblick reicht über die Teufelskanzel bis weit in die tieferen Ebenen Thüringens und über den Thüringer Wald. Nach einer Stärkung in der Neuen Gehlberger Hütte machen wir uns entspannt auf den Rückweg über den Rennsteig, nicht ohne aber zuvor noch einmal der nahen Teufelskanzel einen Besuch abgestattet zu haben, passieren dabei wieder den Aussichtspunkt am Großen Beerberg und können am Ende wenigstens sagen, fast auf dem höchsten Berg und zumindest am höchsten Punkt von Thüringen – immerhin unser beider Geburtsland – gewesen zu sein.

Fazit

Auch wenn man den höchsten Berg Thüringens nicht betreten darf, so findet man mit dem Schneekopf und seinem über 1.000 m aufragenden Turm einen guten Ersatz für die Wanderung östlich von Oberhof, die am Kamm des Thüringer Waldes durch herrliche Nadelwälder über den Rennsteig führt.

1 Kommentar

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.