Vergessene Steige wiederbelebt: Der Klettersteig durch die Spitzstein Nordseite

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Wenn alte vergessene Steige neu entdeckt und wiederbelebt werden. Auf den Spitzstein führt ein solcher Weg, der jahrelang offiziell gesperrt war. Jetzt kehrt mit einem Klettersteig neues Leben in den Anstieg von Norden. 

Spitzstein Nordseite beim Sonnenuntergang © Gipfelfieber
Vergessene Steige wiederbelebt: Der Klettersteig durch die Spitzstein Nordseite © Gipfelfieber

Der Spitzstein. Nicht nur seit neuestem mein eigener Hausberg, sondern auch einer der Münchener Bergsteiger und Bergwanderer. Über dem gemütlichen Sachrang ragt er bis auf stattliche 1598 m, bietet ein umwerfendes Panorama in alle Himmelsrichtungen hinüber zum Geigelstein, über das Kaisergebirge oder die Bayerischen Voralpen und ist gerade in der Nebensaison ein lohnenswertes Ziel. Wenn in den hohen Lagen schon der erste Schnee liegt, aber das Herz trotzdem hinaus auf die Berge will. Der Normalweg, der über die Südseite und das Spitzsteinhaus recht einfach auf den Gipfel führt, ist daher recht beliebt und man ist wohl nur zum Sonnenaufgang allein.




Auch über die Spitzstein Nordseite gab es einen beliebten Aufstiegsweg, der aber im Jahr 2006 offiziell gesperrt wurde. Zu groß die Gefahr von Ausrutschern auf dem speckigen Gestein, das obendrein extrem brüchig war und so für eine hohe Steinschlaggefahr sorgte. Im Juli 2017 wurde der Weg verbessert, mit Stahlseilen entschärft und wieder freigegeben.

Die Tour auf den Spitzstein über die Nordseite ist auch im Wanderführer “Vergessene Steige – Bayerische Alpen” enthalten. Das Buch ist bei Amazon erhältlich.

Von Innerwald zur Brandlbergalm

Die idyllische Brandlbergalm ist das erste Zwischenziel auf dem neu entdeckten Weg über die Spitzstein Nordseite. Bis die erreicht wird, heißt es aber mühsam im Wald aufzusteigen. Los geht es auf dem Wanderparkplatz von Innerwald, einem winzigen Örtchen etwa 2 Kilometer vor Sachrang von Aschau kommend. Während erst weiter unten der Kohlstatter Bach brodelt, steigt man später parallel zum Bach auf, quert diesen und steigt dann steil im Wald auf. Wenig spektakulär, aber wer mit offenen Augen geht und früh gestartet ist, wird den pechschwarzen Alpensalamandern und vielleicht sogar den gelbgepunkteten Feuersalamandern begegnen.

Nach einer knappen Stunde öffnet sich das Tal und die kleine urige Hütte der Brandlbergalm markiert das wechselnde Terrain. Ein schmaler Steig führt vorbei an glücklichen Kühen hinauf in den Sattel zwischen Spitzstein zur Linken und Brandlberg zur Rechten.

Zustieg zur Spitzstein Nordseite

Zwischen Latschen windet sich der Weg nun von Norden gen Spitzstein und führt dabei meist knapp unter dem Grat zwischen Felstürmen hindurch weiter nach oben. An einer Wegzweigung wurde bis vor kurzem auf die Sperre hingewiesen. Wer den direkten Weg scheut, hält sich an der Gabelung links und unter der steil abfallenden Ostwand des Spitzsteins, in der es zahlreiche Sportkletterrouten gibt, geht es mit einem Höhenverlust von knapp 100 Metern über die Aueralm zum Spitzsteinhaus und von dort über den Normalweg gen Gipfel.

An der Spitzstein Nordseite ist kurz nach der Wegverzweigung dagegen der Einstieg zur Rinne, die zum Gipfel führt, erreicht. Markierungen weisen den Weg bis hier, auch wenn sie stark verblasst sind. Durch die Rinne, an deren Fuß man nun steht, führte auch der alte Aufstiegsweg, der Anfang des Jahrtausends ausgelassen wurde.

Klettersteig durch die Spitzstein Nordseite

Im Juli 2017 wurde der Weg nun wieder gangbar gemacht und zur Begehung freigegeben. Und so kommt es, dass der Fels überraschend fest ist und die Steinschlaggefahr so gemindert. Die Mitnahme eines Helms ist trotzdem empfehlenswert. Wer sicher im I. oder II. Grad klettert, kann dagegen auf das Klettersteigset verzichten.

Ein großer gelber Pfeil markiert den Einstieg. Für ein gutes Durchsteigen der Spitzstein Nordseite sorgen die frisch verlegten Stahlseile, die die etwas hakeligeren Stellen gekonnt entschärfen. Ein bisschen anspruchsvoller wird es, wenn man auf den Griff zu den Drahthilfen verzichtet, wirklich schwierig aber nie.

Die Klettersteigschwierigkeiten bewegen sich zwischen A und B und sind somit auch für Einsteiger gut machbar. Nach 15 bis 20 Minuten ist schon der Ausstieg erreicht. Zwischen Latschenkiefern findet man sich am Ostgrat des Spitzsteins wieder. Nur wenige Meter sind es bis zu der kleinen Kapelle und dem im Juni 2017 neu errichteten Gipfelkreuz des Spitzsteins.

Abstieg über Spitzsteinhaus und Aueralm

Der Abstieg erfolgt über den Normalweg, der durchsetzt von speckigem Stein Zeuge von der Beliebtheit des Spitzsteins ist. Am Spitzsteinhaus angekommen, geht es nun mit kurzem Gegenanstieg ostwärts zur Aueralm, um von dort durch den Bergwald mal steil, mal weniger steil in etwa einer Stunde zum Ausgangspunkt in Innerwald abzusteigen.

Fazit

Alte und oft längst vergessene Steige schlummern meist in einem Dornröschenschlaf und freuen sich über den ein oder anderen Besucher, der sich zu ihnen verirrt. Nicht so bei dem wiederbelebten Anstieg durch die Spitzstein Nordseite. Der neu angelegte einfache Klettersteig dürfte schnell an Beliebtheit gewinnen, die Steinschlaggefahr wurde durch großräumige Putzarbeiten nicht beseitigt, aber deutlich reduziert. Lohnenswert ist er allemal, führt er doch auf einen Gipfel, der gerade bei schönem Wetter einen überwältigenden Blick in die nahe und ferne Bergwelt bietet.

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