Wanderung von Mittenwald zur Leutaschklamm: Von Blitzen, Unwettern und Geistern

3

Wenn es blitzt und donnert, läuten in Mittenwald die Kirchenglocken. Ob damit die bösen Geister zurück in die nahe Leutaschklamm geschickt werden sollen? 

Von Mittenwald zur Leutaschklamm: Von Blitzen, Unwettern und Geistern © Gipfelfieber
Von Mittenwald zur Leutaschklamm: Von Blitzen, Unwettern und Geistern © Gipfelfieber

Das kleine Mittenwald, eingekesselt von den mächtigen Felsriesen des Karwendels im Osten und des Wettersteingebirges im Westen ist ein beschauliches Örtchen, kurz vor der Grenze zu Österreich. 

Mittenwald ist reich an Geschichte. Durch die Marktgemeinde verlief schon zu Zeiten der alten Römer eine wichtige Handelsstraße, die über Seefeld direkt zum Brenner führte. Ab dem 17. Jahrhundert entwickelte sich Mittenwald dazu zu einem der führenden Geigenbauorte. Die Lüftlmalereien an den Fassaden des knapp über 7.000 Einwohner zählenden Städtchens sind bunte Zeugen einer großen Historie.

Nicht zuletzt übernachtete sogar Johann Wolfgang von Goethe während seiner ersten Italienreise im Jahr 1786 hier und bezeichnete Mittenwald als “lebendiges Bilderbuch”.



Wetterläuten in Mittenwald

Die Pfarrkirche St. Peter und Paul ist heute noch Zentrum des Ortes und hier wird eine Tradition fortgeführt, die heute beinahe ausgestorben ist. Die geht bis zurück ins frühe Mittelalter und soll Mittenwald vor schlimmen Gefahren schützen. 

Die Rede ist vom Wetterläuten. Sobald sich an warm-schwülen Sommertagen der Himmel verdunkelt und von den hohen Bergen ein Gewitter aufzieht, begibt sich der Mesner zur Pfarrkirche und läutet 20 Minuten lang die Glocken. Der Glockenschlag soll nicht nur die Bevölkerung vor den Gefahren warnen, ein Unwetter im Gebirge kann lokal schließlich verheerende Auswirkungen haben, sondern das Gewitter regelrecht auflösen, indem der Schall der großen Glocken die dunklen Wolken auseinander treibt. 

Pfarrkirche St. Peter und Paul © Gipfelfieber
Pfarrkirche St. Peter und Paul © Gipfelfieber

Allerdings wurde das Wetterläuten schon im Jahr 1783 offiziell verboten, da es nichts als Aberglaube und vor allem nicht rational sei. Trotzdem ließen sich einige Pfarreien nicht davon abhalten, die Praxis weiter zu betreiben. Heute gibt es nur noch sehr wenige Pfarreien, wie die in Mittenwald, die mit dem Wetterläuten weiter ihre Einwohner warnen und Unwetter zu vertreiben versuchen.

Von Mittenwald zur Leutaschklamm

Als die Kirchenglocke schlägt, während wir durch Mittenwald schlendern, hören wir also genauer hin. Zehn Glockenschläge, dann ist Stille. Es ist also kein Unwetter zu befürchten als wir uns vom Zentrum der Stadt in Richtung Süden aufmachen, um die Leutaschklamm zu erwandern.

Wir folgen den Beschilderungen und wandern bald entlang eines kleinen Bachs. Kurz darauf erreichen wir ein kleines Häuschen mit Kiosk und es ist kaum zu erahnen, dass der kleine Bach, an dem wir eben noch entlang geschlendert sind, die Kraft hat, sich regelrecht durch einen Berg zu fressen. 

Vorerst lassen wir aber die Leutaschlamm rechts liegen, wandern zum Gletscherschliff Restaurant und passieren im Wald bald die Grenze nach Tirol. Ein Schlagbaum zeugt davon, dass das mit den Grenzen schon einmal anders war als es heute ist. Und das nicht zum letzten Mal während dieser Tour. Den ersten Abzweig zur Leutaschklamm kurz hinter dem Grenzübertritt lassen wir wieder rechts liegen und wandern stattdessen weiter, ohne die tiefe Schlucht zu sehen oder zu hören.

Über der Geisterklamm/Leutaschklamm

Lang dauert es nicht bis sich das ändert. Ein Abzweig führt hinunter zur Klamm, allerdings nicht ganz hinunter wie etwa in der Höllentalklamm oder der Partnachklamm. Erst 2006 wurde dieser Teil der Leutaschklamm für den Tourismus erschlossen, der seitdem auch unter dem Namen Leutascher Geisterklamm bezeichnet wird, denn tief unten soll der Klammgeist leben. Heute führen Koboldpfad und  Klammgeistweg als Rundweg auf einem stählernen Steg hoch über der Geisterklamm entlang. Die Blicke in die Tiefe sind immer wieder beeindruckend. Schautafeln erklären spielerisch die Kraft des Wassers.

So folgen wir dem Steig einen knappen Kilometer über der Leutaschklamm, um zuletzt über die Höllbrücke die Schlucht auf spektakuläre Art und Weise zu überqueren. Schließlich wandern wir zurück zum Ausgang der Leutascher Geisterklamm und dem kleinen Kiosk. 

Der Wasserfallsteig in die Leutaschklamm hinein

Hier ist noch ein Abstecher in die Leutaschklamm möglich (Eintritt: 3 € für Erwachsene, 1 € für Kinder) und der hat es in sich. Dieser Teil der Schlucht – der Wasserfallsteig – wurde bereits im Jahr 1880 teilweise erschlossen. Nachdem wir – einmal mehr – die bayerisch-tirolerische Grenze passiert haben, sind wir nun mittendrin.

Über uns ragen die Felswände zu beiden Seiten steil auf und nur ein paar Stahlträger unter den Füßen bewahren uns vor einem kühlen Bad. Der Weg ist nur relativ kurz, dafür umso beeindruckender. Der über 20 Meter hohe Wasserfall tief drinnen in der Schlucht bildet Abschluss und Highlight dieser Tour durch die Klamm zugleich.

Kurzer Abstecher zur Grenzgaststätte Ederkanzel

Etwa 200 Höhenmeter über der Klamm liegt das Berggasthaus Ederkanzel, das gut mit einer Wanderung durch die Klamm ergänzt werden kann. Der Aufstieg vom Klammkiosk bis zum Gasthaus dauert eine knappe Stunde. Das Gasthaus liegt genau auf der Grenze von Deutschland und Österreich und so kommt es zu skurrilen Situationen.

Wenn man im Sommer ein verdientes Weißbier auf der Terrasse genießt, sitzt man noch in Tirol. Geht man anschließend auf Toilette, so wird schon wieder die Grenze passiert, denn die liegt auf bayerischer Seite. Steuerlich haben sich die beiden Länder übrigens darauf verständigt, dass die hier kassierte Umsatzsteuer an den deutschen Fiskus fließt. 

Fazit

Die Leutascher Geisterklamm wie die Leutaschklamm auch genannt wird, ist vor allem an heißen Sommertagen einen Abstecher wert. Bei einer Rundwanderung lässt sich die spektakuläre Klamm entdecken. Der Wasserfallsteig führt am Ende noch einmal tief hinein. Die einfache Wanderung ist auch für Familien mit Kindern gut geeignet.

Ausgangspunkt: Parkplatz Ried (47°25’42.4″N 11°15’33.1″E) oder Ortskern Mittenwald

Höchster Punkt: Wanderweg, 1.061 m

Tiefster Punkt: Mittenwald, 916 m

Anfahrt: A95 bis Eschenlohe und weiter über Garmisch-Partenkirchen bis Mittenwald. ÖPNV: Mit dem Zug direkt bis Mittenwald. 

Gehzeiten: Parkplatz – Klammkiosk 20 Min. – Gletscherschliff 15 Min. – Abstieg Klamm 30 Min. – Hängebrücke 30 Min. – Klammkiosk 15 Min. – Wasserfall 5 Min. – Parkplatz 20 Min. 

Touristeninformation: Alpenwelt Karwendel, +49882333981, info@alpenwelt-karwendel.de

Einkehr: Berggasthaus Gletscherschliff, +4988231453, http://www.gletscherschliff.de/

3 Kommentare

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.