Eine schwierige, hochalpine Bergtour und mittlerweile ohne Gletscherkontakt auf den höchsten Gipfel des Großarltals: Der Keeskogel.

Die Tour auf den Keeskogel am Ende des Großarltals ist für das Tal der Almen eher untypisch, denn während der ganzen Tour wird lediglich eine bewirtschaftete Alm passiert, und das bereits kurz nach dem Start bzw. kurz vor der Rückkehr zum Startpunkt. Weitere Einkehrmöglichkeiten gibt es nicht.
Das macht die etwas über 2.000 Höhenmeter, die im Aufstieg bewältigt werden müssen, zu einer konditionell anspruchsvollen Bergtour, die gut vorbereitet sein möchte. Dazu kommt: Der größte Teil des Weges ist nicht markiert. Während es anfangs noch Pfadspuren sind, denen recht einfach gefolgt werden kann, so wird die Orientierung im freien Gelände später schon etwas schwieriger.
Wenn der Aufstieg schließlich auf den markierten Steig trifft, der aus dem Gasteinertal zur Kleinelendscharte und zum Ali-Lanti-Biwak führt, wird es wieder einfacher dem richtigen Weg zu folgen. Die komplette Überschreitung des Keeskogels vom Biwak bis zur Scharte zwischen dem 2.884 m hohen Keeskogel und dem Zwölferspitz sowie der Abstieg unterhalb des Gstößkees zur Lienlacke ist weglos, mit leichter Kletterei gespickt und führt durch hochalpines Gelände, das im Hoch- und Spätsommer vor allem direkt unterhalb des Gletscherrests stark Steinschlag gefährdet ist.
Was bleibt ist eine absolute Genießertour über den höchsten Berg des Großarltals, der sich allerdings mit viel Schweiß erarbeitet werden möchte und der den versierten Bergsteigern mit Alpinerfahrung vorbehalten bleibt.
Inhaltsverzeichnis
Großarltal & Bergsteigerdorf Hüttschlag
Das Großarltal im Salzburger Land trägt in seinem Slogan den Anhang “Tal der Almen”. Warum das so ist, wird spätestens klar, wenn man dem Tal am Fuß des Tauernhauptkamms im Sommer einen Besuch abstattet. Die Almendichte ist im Großarltal so hoch wie nirgendwo anders und so gibt es hier knapp 40 bewirtschaftete Almen. Nicht zuletzt macht der Salzburger Almenweg gleich mehrfach Station im Großarltal. Gleich vier der 25 Etappen führen durch das Großarltal.
Am Ende des Talschlusses liegt das kleine Örtchen Hüttschlag, das bereits seit 2008 den Titel “Bergsteigerdorf” trägt. Die Bergsteigerdörfer sind eine Initiative des Alpenvereins. Damit werden Orte in den Alpen ausgezeichnet, in denen das Wandern und Bergsteigen fester Bestandteil der eigenen Selbstwahrnehmung ist und wo im Einklang mit der Natur gelebt wird. In den Bergsteigerdörfern steht nachhaltiger Tourismus im Fokus. Das gilt für Hüttschlag im Besonderen, liegt es doch direkt im Nationalpark Hohe Tauern und ist es beinahe zur Gänze von hoch aufragenden Bergen umschlossen.
Die Tour in der Übersicht
- Start: Talschluss Bergsteigerdorf Hüttschlag
- Route: Hüttschlag Talschluss – Modereggalm – Hühnerkarscharte (bzw. etwas darunter) – Lienlacke – Keesnickelscharte – Kleinelendscharte – Ali-Lanti-Biwak – Keeskogel – Scharte zwischen Keeskogel & Zwölferspitz – Lienlacke – Hühnerkarscharte – Modereggalm – Hüttschlag
- Länge: 23,1 km
- Dauer: 10 – 11 h
- Höhenmeter: 2.041 hm (einfach)
- Charakter: anspruchsvolle hochalpine Bergtour mit leichter Kletterei (II. Grad nach UIAA), teilweise weglos, gutes Wegfindungsgepür & Trittsicherheit notwendig
- Alternative Routen: Aufstieg von Gasteinertal (Parkplatz Kötschachtal), Aufstieg vom Kölnbreinspeicher
- Höchster Punkt: Keeskogel, 2.884 m
- Einkehrmöglichkeiten: Modereggalm
Keeskogel-Überschreitung von Hüttschlag
Die komplette Überschreitung von Hüttschlag aus dem Großarltal bis zum Ali-Lanti-Biwak, über den Keeskogel und zurück nach Hüttschlag im Detail.
Zusammenfassung für Schnellleser
- alpine Bergtour, keine Wanderung
- Weg größtenteils unmarkiert
- Gletscherkontakt durch Abschmelzen vermeidbar
- Steinschlaggefahr unterhalb des Gstößkees, besonders im Hochsommer
- Biwakmöglichkeit im Ali-Lanti-Biwak
- Nur für erfahrene und konditionsstarke Bergsteiger geeignet
Die Route führt über die Modereggalm, Lienlacke, Keesnickelscharte, Kleinelendscharte und das Ali-Lanti-Biwak auf den Gipfel des Keeskogels und als Überschreitung zurück zur Lienlacke und Hüttschlag.
Von Hüttschlag zur Lienlacke
Wie bei der Weinschnabel-Runde oder der Wanderung zum periodischen Schödersee ist der Talschluss in Hüttschlag am Eingang zum Nationalpark Hohe Tauern Ausgangspunkt für eine anspruchsvolle Bergtour. Durch den Moderegggraben führt der Anstieg in etwas über einer Stunde teilweise extrem steil hinauf zur Modereggalm. Hinter der Alm stoßen wir bald auf den Wanderweg 50 und steigen bis zum Kreuz in der Scharte zwischen Plattenkogel und Spielkogel auf.
Hier endet der markierte Weg. Mit etwas Gespür lassen sich sanfte Pfadspuren entdecken, die etwas unterhalb noch vor Erreichen des Kreuzes linker Hand nach Süden in Richtung Keeskogel führen. Wichtig: Der Steig verläuft nicht auf Höhe des Grates, sondern darunter. Vereinzelte Steinmänner und ein später wesentlich deutlicherer Pfad machen die Wegfindung bald einfacher und in etwa gleichbleibender Höhe geht es tief und tiefer in die Kernzone des Nationalparks hinein. Nach einer knappen Stunde erreichen wir die Lienlacke und die benachbarten kleinen Seen. Das Wollgras wiegt sanft im Wind während der Keeskogel nun schon deutlich markanter über uns aufragt.
Über die Keesnickelscharte zum Ali-Lanti-Biwak
Nun wenden wir uns allerdings erstmal vom Keeskogel ab. Während es lang gebräuchlich war, den Gipfel in relativ direkter Linie und am Rand des Gletschers zu besteigen, so ist davon heute eher abzuraten. Das Abschmelzen des Gstößkees` ist unübersehbar. Der schwindende Permafrost sorgt gerade an warmen Sommertagen für unkalkulierbaren Steinschlag. Wenn überhaupt ist der Aufstieg über den Gletscher noch im Frühsommer empfehlenswert, wenn die Nächte kalt sind und es noch eine Schneeauflage gibt.
Wir entscheiden uns für eine andere Variante und steigen von der Lienlacke weglos zur Keesnickelscharte auf. Im groben Blockgelände ist die Navigation recht einfach. Auf der anderen Seite ist das Abklettern schon etwas anspruchsvoller. Den steilen Passagen weichen wir aus. Unten angekommen, suchen wir uns einen sinnvollen Weg durch die Felsen, halten dabei gebührenden Abstand zu den Felswänden, die linker Hand steil vom Keesnickelkopf abfallen. Die Wegfindung ist nicht zu unterschätzen und kostet Zeit.
Bald erreichen wir aber den kleinen See, der unmittelbar neben dem Aufstiegsweg (Wanderweg 511) aus dem Gasteinertal über das Kesselkar nach oben führt. Wir folgen dem Steig, überwinden eine Steilstufe oberhalb des Sees und noch eine weitere bevor wir die Kleinelendscharte erreichen. Immer wieder kommen hier auch die Hände zum Einsatz.
Wenige Meter oberhalb der Scharte finden wir die kleine Biwakschachtel vor, die hier bereits 1973 errichtet und 2006 komplett erneuert wurde. Das Ali-Lanti-Biwak bietet vier Bergsteigern ein Quartier für die Nacht und ein atemberaubendes Panorama zum Ankogel mit dem gewaltigen Kleinelendkees und zur Hochalmspitze – der Tauernkönigin.
Aufstieg zum Keeskogel
Nach einer Nacht im Ali-Lanti-Biwak startet der Weiterweg auf den Keeskogel direkt hinter der kleinen Biwakschachtel. Weglos halten wir uns etwas linksseitig über grobes Blockgelände, ohne viel Höhe zu gewinnen. Auch wenn das Gelände bald schon lockt, rechts weiter aufzusteigen, halten wir weiter zum Kamm zwischen Keeskogel und Keesnickelkopf zu. Ist der erreicht, heißt es zupacken. Mit Kletterstellen bis zum II. Grad nach UIAA überwinden wir den ansteilenden Grat und folgen seinem Verlauf, wobei wir immer wieder kurz nach rechts ausweichen. Während sich der Horizont langsam in ein sattes Orangerot taucht, kommt der Gipfel näher. Bald sehen wir das Kreuz und am flacher werdenden Grat geht es bis zum höchsten Punkt auf 2.884 m, von wo aus wir den neuen Tag begrüßen.
Überschreitung und Abstieg zur Lienlacke
Um die Überschreitung komplett zu machen, folgen wir nun dem Verlauf des breiten Grats in östlicher Richtung. Ohne erkennbare Steigspuren nehmen wir die logischste Linie und halten uns von den steilen Abbrüchen nach Süden etwas entfernt. Ein paar leichtere Kletterstellen sind zu meistern, kurze Abschnitte umgehen wir nordseitig.
Bald erreichen wir schließlich die Scharte zwischen Keeskogel und Zwölferspitz. Wir steigen nun linker Hand ab, immer noch weglos und suchen uns einen Weg durch das grobe Blockgelände. Gletscherkontakt ist durch das Abschmelzen mittlerweile völlig vermeidbar und wir halten in ungefährer Richtung auf die Lienlacke zu, die wir am Vortag passiert haben und die schon von der Scharte auszumachen ist. Während wir weit unter der Gletscherzunge die Ausläufer des Eisfeldes queren, ist etwas Wachsamkeit ob eines Steinschlags geboten. Als wir schließlich wieder die Lienlacke erreicht haben, donnert ein großer Felsklotz über den aperen Gletscherrest ins Tal hinab.
Abstieg nach Hüttschlag
Der weitere Abstieg erfolgt nun auf dem vom Aufstieg bekannten Weg. Punkte in der Karte und gelegentliche Steinmandl lassen einen direkteren Abstieg zur Modereggalm vermuten. Allerdings verliert der sich ohne genaue Kenntnis des Verlaufs doch recht bald zwischen den üppigen Heidelbeerbüschen und den Latschen. Eine eiskalte Cola auf der Modereggalm füllt die Energiereserven nochmal auf, bevor die Oberschenkel beim Abstieg über den steilen Weg nochmal gehörig brennen. Ist der zur Alm gehörige Hof einmal erreicht, sind es nur noch wenige Minuten zurück zum Ausgangspunkt in Hüttschlag.
Die Tour bei Outdooractive
Alle Infos zur Tour inkl. GPX-Datei zum Download gibt`s bei Outdooractive.
Fazit
Die Überschreitung des Keeskogels ist mit ihren vielen Höhenmetern und dem zum größten Teil weglosen Verlauf eine sehr fordernde Tour. Da Gletscherkontakt mittlerweile komplett vermeidbar ist, ist sie allerdings technisch einfacher geworden, auch wenn bei der Überschreitung Kletterstellen bis zum II. Schwierigkeitsgrad bewältigt werden müssen. Insgesamt eine grandiose alpine Bergtour mit fantastischen Blicken zu den höheren Gipfelzielen.