Hirschbrunft an der Wasseralm: Röhrende Nächte im September

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Wenn die Nächte kühler werden und morgens der Nebel aus den Almwiesen aufsteigt, beginnt die Brunft der Rothirsche. Mit viel Glück lässt sich dieses Spektakel auf der Wasseralm beobachten, hören kann man es auf alle Fälle.

Hirschbrunft an der Wasseralm: Röhrende Septembernächte © Gipfelfieber
Hirschbrunft an der Wasseralm: Röhrende Septembernächte © Gipfelfieber

Nachdem wir große Hirschfans sind, haben wir uns über den „Geheimtipp“ einer meiner Patienten sehr gefreut. Als Jäger hat er uns einige Stellen im Nationalpark Berchtesgaden genannt, wo man das Rotwild rund ums Jahr am ehesten antrifft. Zur Hirschbrunft und zu den Rangkämpfen Ende September hat er uns die Wasseralm in der Röth, zwischen Hagengebirge und Steinernem Meer empfohlen, hier hat man mit etwas Glück die Möglichkeit, die Hirsche direkt von der Hütte aus zu beobachten.

Dieser Geheimtipp ist allerdings wohl schon lange kein Geheimtipp mehr, dazu aber später noch mehr. Erst einmal muss man zur Wasseralm kommen und wenn man nicht gerade die Große Reibn macht, oder anderweitig im Steinernen Meer (zum Beispiel auf der Schönfeldspitze) unterwegs ist, bleibt einem nur der Aufstieg über den Röthsteig.

Zustieg über den Röthsteig

Mit dem Schiff geht es über den Königssee und dann am Salet zu Fuß um den herrlichen Obersee. Ein paar hundert Meter vor der Fischunkelalm am Südufer des Obersees geht der Weg ab Richtung Röthbachfall, der hier rund 400 Meter in die Tiefe stürzt und damit Deutschlands höchster Wasserfall ist. Gleichzeitig blickt man in dem Kessel oberhalb des Obersees auf die 700 Meter hohe Röthwand, die es jetzt zu überwinden gilt.

Zwischen weidenden Kühen geht es in den Wald, rechter Hand den Wasserfall und gleich wird aus dem gemütlichen Gehgelände ein Anstieg in steilen Kehren, über Stufen, mit leichten Kletterpassagen (I nach UIAA) teilweise versichert. Immer wieder lichtet sich der Wald und gewährt uns einen Blick auf die malerische Kulisse des Obersees Richtung in Richtung Watzmann.

Sobald man oben am Wasserfall angekommen ist, hat man den Großteil der Höhenmeter hinter sich gebracht. Hier sollte man sich eine kleine Pause gönnen und die Aussicht genießen.

Ab jetzt wandert man bei verhältnismäßig wenig Steigung noch eine ganze Weile durch wunderschön ursprünglichen Bergwald. Für meine Freundin, die hier ihre erste „richtige“ Bergtour macht, war der Wald ein zehrender „Hatscher“, weil es hinter jeder Kurve gleich aussieht und man nicht erahnen kann, was noch vor einem liegt.

Auf der Wasseralm

Doch irgendwann lichtet sich der Wald und nach einem kleinen Hügel liegt sie dann in der Abenddämmerung vor uns – die Wasseralm!

Zuerst queren wir die große von einem Bach durchzogene Wiese, gesäumt vom dunklen Nadelwald. Wir sehen die Rivalen vor unserem inneren Auge an diesem magischen Ort aufeinander zu stürmen und hören das laute Krachen der Geweihe in unserem inneren Ohr.

Doch schnell verschwindet dieser Zauber vor uns, als wir uns der Hütte nähern. Der Lärm von dutzenden Gleichgesinnten schallt zu uns, das Klappern von Tellern und Besteck und laute Unterhaltung werden über die Wiese getragen. Groß ist die Enttäuschung und gleichzeitig wissen wir, dass wir hier wohl keinen Hirsch zu sehen bekommen.

Doch bevor wir die Hütte erreichen, hören wir den ersten! Das laute Röhren lässt für einen Moment die Menschen stille werden und in die aufkommende Dämmerung blicken. Dann wird weiter gegessen und geredet.

Wir holen uns einen Teller Eintopf und ein paar Scheiben Brot und setzen uns etwas abseits, mit Blick zur Wiese, in der Hoffnung doch noch für den Aufstieg belohnt zu werden. Als die Dunkelheit Wald und Himmel verschmelzen lässt, ziehen wir uns in die Hütte zurück und verbringen noch Zeit in gemütlicher Runde. Rund um die Alm röhren die Hirsche die ganze Nacht bis zum Morgengrauen, zeigen will sich jedoch keiner.

Ein etwas enttäuschter Abstieg

Nach der Nacht im Lager (60 Plätze/Winterraum 20 Plätze) machen wir uns im neuen Toilettenhaus frisch und frühstücken noch ausgiebig. Die Auswahl auf der Wasseralm fällt insgesamt eher klein aus, da wirklich alles mit dem Hubschrauber geliefert werden muss. Einzelne Hirsche lassen ihr Röhren noch aus dem Wald über die Wiese schallen, bald kehrt dann aber wieder Ruhe bis zur Abenddämmerung ein. Und so machen wir uns auf den Weg zurück, ohne diese majestätischen Tiere zu Gesicht bekommen zu haben.

Fazit

Geheimtipp ist es also keiner mehr, deswegen können wir auch darüber schreiben. Schön wäre es natürlich, wenn wir alle einmal das Spektakel der Hirschbrunft bewundern könnten, aber es ist natürlich verständlich, dass die Hirsche sich nicht mehr vor bis zu 120 Leuten (laut Wirt!) in nächster Nähe zur Schau stellen.

Unbedingt telefonisch über die Belegung des Lagers und über die Brunft erkundigen, bevor man den dreistündigen Weg auf sich nimmt. Die Wasseralm ist Schnittpunkt auf einigen Touren zwischen Hagengebirge und Steinernem Meer und Ausgangspunkt für einige Gipfel, wie die Teufelshörner, den Funtenseetauern oder den Kahlersberg. Auf jeden Fall mehr als eine Nacht einplanen und wenn es mit den Hirschen nichts wird, wenigstens den ein oder anderen Gipfel mitnehmen.

Übrigens lässt sich das Spektakel der Hirschbrunft auch am Karwendelhaus zumindest hören. 

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