Der Markt ist übersät mit Outdoor-Schuhen, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Aber was brauche ich eigentlich für meine Bedürfnisse?
Mein erstes Paar Trekkingschuhe steht noch immer irgendwo im Keller und würde wahrscheinlich auch heute noch die ein oder andere Tour überstehen. Meine damaligen Kriterien: Bequem müssen sie sein und auf jeden Fall über den Knöchel gehen. Auf der Höhe der Zeit war ich mit ihnen allerdings anno dazumal schon nicht wie folgende Geschichte beweist:
Wir steigen ohne böse Vorahnungen die letzten Schritte zum alten Hannoverhaus in den Hohen Tauern hinauf und schon von weitem sind meine Schuhe das Ziel von Hohn und Spott. Kaum oben angelangt, werden sie von einem gestandenen Wandersmann als Schwammerlsuch-Schuhe denunziert. „Hier oben haben die nichts zu suchen“ und unsere geplante Tour sei damit schon gleich gar nicht machbar. Die Alternative? Mindestens die schweren Bergstiefel mit einer Sohle, biegsam wie ein Granitblock, müssen es schon sein.
Was folgte waren irgendwann solche schweren Stiefel, die vom 3000er bis zur sommerlichen Almwanderung dann alles mitgemacht haben, dennoch reifte in mir später wieder der Gedanke, dass das doch gar nicht immer sein muss. Gewichtsparen ist schließlich in. Und so begleitet mich der schwere Bergstiefel heute nur noch auf den wenigsten Touren.
Inhaltsverzeichnis
Klassifizierung von A bis D
Die Klassifizierung von Bergschuhen von A bis D ist mittlerweile ein bisschen in den Hintergrund gerückt, aber dennoch gibt die Einordnung eine grobe Übersicht, für welche Bereiche Outdoor-Schuhe konzipiert sind, ohne jedoch auf den Endkunden und seine Bedürfnisse wirklich einzugehen. Wie folgt sind die Kategorisierungen definiert:
A – gute Wege; nicht steigeisenfest
A/B – auch für weniger gute Wege; nicht steigeisenfest
B – auch für schlechte Wege/abseits befestigter Wege; für lange Touren; nicht steigeisenfest
B/C – schlechte Wege; Geröll; klettertauglich; Leichtsteigeisen möglich
C – Touren im Hochgebirge mit Gletschern, Eis und Geröll; bedingt steigeisenfest
D – lange Touren im Eis und Fels; Eisklettern; extrem feste Sohle; absolut steigeisenfest
Ein bisschen merkwürdig: In den gängigen Online-Shops findet man diese Einordnungen so gut wie nie (oder nur sehr versteckt), was viel über deren Bedeutung heutzutage sagt. Denn Outdoor-Schuhe (und andere Ausrüstungsteile) sind heute teilweise so vielschichtig, dass an einem A-Schuh auch durchaus Steigeisen befestigt werden können und ein C-Schuh im Mittelgebirge eine gute Figur macht.
Welcher Schuh für welche Tour also?
Der klassische Bergstiefel
Der klassische Bergstiefel ist heute immer noch am häufigsten anzutreffen, egal ob auf der Hochtour am Gletscher, auf dem Fernwanderweg über die Alpen oder dem gemütlichen Spaziergang über Forstwege zur nächsten Alm.
Seine eigentliche Daseinsberechtigung hat er allerdings im Hochgebirge, wo die (extrem) steife Sohle Halt in rutschigen Geröllpassagen gibt und die Steigeisen beim Gang über Gletscher gut und sicher befestigt werden können. Die robusten Stiefel halten gut gepflegt locker mehrere Jahre und zig Touren in unwägsamen Gelände durch, bevor sie, oder zumindest ihre Sohle, ersetzt werden müssen. Der Nachteil: Sie sind in der Regel nicht nur eine kostspielige Investition, sondern auch ziemlich schwer und gerade bei langen Hüttenzustiegen können sie so auch schnell mal nerven.
Von uns getestet: La Sportiva Nepal Top
Der Zustiegsschuh
Will man sich zumindest beim Gang bis zur Hütte die schweren Bergstiefel sparen, greift man auf Zustiegsschuhe zurück. Die Gattung reicht vom einfachen Joggingschuh bis zum leichten Halbschuh mit Gore-Tex-Membran und ist so schwer zu definieren. Die dicken Stiefel wandern dann beim Zustieg auf oder in den Rucksack, womit das Gesamtgewicht nicht reduziert, sondern im Grunde sogar erhöht wird. Macht das wirklich Sinn?
Der klassische Wanderschuh
Der klassische Wanderschuh – oder auch Schwammerlsuch-Schuh – ist eigentlich überall zu Hause. Auf fluffigen Almwiesen, sanften Wegen im Mittelgebirge und auf einfachen Wanderungen und Hüttentouren fühlt er sich wie zu Hause.
Sein Spielplatz ist quasi überall, nur im Hochgebirge (siehe oben) ist für ihn zumindest dann kein Platz, wenn sich ihm Gletscher in den Weg stellen.
Von uns getestet: Keen Wanderer
Der Trail-Schuh
Seit ein paar Jahren stark im Kommen ist das Trailrunning. Schnelle Bergsteiger gab es zwar schon immer, aber erst heute haben die Jungs und Mädels, die in den Bergen lieber rennend unterwegs sind, auch einen coolen Namen für ihren Sport.
Trail-Schuhe zeichnet in erster Linie eins aus: Hervorragender Grip auch in schwierigen Passagen und ein Gewicht, dass man am besten gar nicht merkt. Denn ihr Träger will damit in erster schnell und sicher unterwegs sein.
Von uns getestet: Adidas Terrex Agravic
Der leichte Allrounder
Ob es die Kategorie so überhaupt gibt, ist fraglich, aber doch passen etliche Schuhe am Markt mittlerweile unter genau diese Definition. Schuhe, die eine recht feste Sohle haben, die dabei aber trotzdem wenig wiegen, um bei Zustiegen kein Ballast zu sein. Zudem sind sie aus einer oft wasserdichten und robusten Außenhaut und bieten eine Sohle, die auf vielen Untergründen guten Halt bietet, oft sogar mit einer extra Gummibeschichtung an Fußspitze und Ferse, um ausreichend Halt beim Klettern zu bieten. Und dank Leichteisen ist selbst der Gang über einen Gletscher mit ihnen machbar, wobei sie auf Grund ihres geringen Gewichts für längere Touren in Eis und Schnee oft nicht ausreichend gefüttert sind.
Von uns getestet: Adidas Scope High GTX und Adidas Terrex Fast
Die neue Sandale
Die klassische Trekkingsandale ist einfach nicht tot zu kriegen und vor allem in Behörden und Kleingartenanlagen immer noch oft anzutreffen. Gerne in Verbindung mit farblich absolut unpassenden Socken.
Eine im Moment noch relativ kleine, aber stetig wachsende Gemeinde von Verrückten schwört aber auf eine andere Sandale: Die extrem leichten Luna Sandals sieht man bei mehr und mehr Läufern und auch Bergsportler tragen immer öfter die Schlappen, von denen sie sagen, sie sei für sie wie eine zweite Haut.
Und Halbschuhe?
Richtig zugelegt hat zuletzt die Verbreitung von Halbschuhen. Das liegt vor allem an den vielen Trailrunnern, aber auch mehr und mehr Bergsteiger setzen mittlerweile auf Halbschuhe. Warum ist das so? Ein gewichtiger Faktor ist nicht nur das Gewicht, sondern auch die Bewegungsfreiheit, die Halbschuhe bieten. Die Gefahr eines Umknickens erhöht sich so zwar, doch wer gestählte Sprunggelenke hat, der knickt eigentlich kaum bis gar nicht mehr um. Dank teils sehr fester, an klassische Bergstiefel erinnernde Sohlen bieten sie selbst in hohen Lagen genügend Halt.
Von Lederschühchen und Chucks
Was man heute leider immer noch sieht: Sneaker, die guten alten Chucks und ab und an sogar echte Lederschuhe, die besser in der Oper aufgehoben wären als mitten in der Natur. Beschränkt sich die Wanderung auf breite Forstwege bis zur nächsten Alm oder auf die Gondelfahrt auf die Zugspitzplattform ist dagegen auch nichts einzuwenden.
Die Qual der Wahl
Die Einteilung der Schuhe in die verschiedenen Kategorien ist relativ übersichtlich und bei weitem nicht abschließend. Jede Einzelkategorie kommt mit zig Unterkategorien daher, so dass der Kunde immer noch die Qual der Wahl hat. Erleichtern lässt sich die Suche aber beispielsweise mit dem Schuh-Generator bei SportScheck, der einem die passenden Schuhe für die jeweiligen Bedürfnisse präsentiert. Eine gute Lösung für gänzlich Unentschlossene.
Fazit
„Muss es wirklich der schwere Bergstiefel sein? Reicht für mich nicht der Schwammerlsuchschuh? Oder einfach ein leichter Allrounder?“ Die Einteilungen für Outdoor-Schuhe sorgen hoffentlich für einen kleinen Über- und einen Durchblick im Angebotsdschungel.
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