Bergwasser trifft Einsamkeit und jede Menge Powder. Unterwegs auf dem zugefrorenen Baikalsee und beim Tourengehen im Altai Gebirge in Sibirien. Ein Erfahrungsbericht.
Gastautor Chris ist leidenschaftlicher Bergfex und betreibt Bergwasser, eine Website für Outdoor Aktivitäten im Allgäu und drumherum. Jetzt war er auf seinem Abenteuertrip des Lebens und hat etwas zu erzählen.
Inhaltsverzeichnis
So kam es dazu
Tatsächlich muss ich zugeben, dass ich selbst nicht auf die Idee gekommen bin, in Sibirien Skitouren zu gehen. Grund der Reise war eigentlich die Überquerung des zugefrorenen Baikal Sees. Und als ich in meinem Keller stand und verzweifelt nach meinen langen Unterhosen für kalte Temperaturen gesucht habe, hat mich der Anruf meines guten Freundes Volker erreicht. Er hätte tolle Nachrichten, ich solle meinen Flug noch nicht buchen und Platz für zusätzliche Ausrüstung schaffen. Einen schnellen Blick auf meinen Deuter 45 + 10 verriet mir, dass ich gerade noch Artikel mehr auf meine Amazon Shopping-Liste setzen musste.
Buchung und Co.
Wir beide hatten uns also eine Woche bei dem russichen Skiführer Sergey eingebucht. Sergey kannten bis wir dato nur aus einigen Nischen-Facebook Gruppen, in welchen er regelmäßig Bilder und kurze Clips zu Skitouren in Sibirien gepostet hatte.
Da wir wenig bis keine Informationen (es gibt noch nicht einmal Karten für dieses Gebiet zu kaufen) zu Skitouren finden konnten, war die einzige Möglichkeit, uns ihm anzuvertrauen und “die teuerste Reisewoche meines Lebens” (Originalton Volker) zu buchen.
Da Sergey nur russisch spricht, hat uns Google Translate verraten, dass Skitouren, authentische Übernachtungen und noch mehr Skitouren auf uns warten würden. Na dann.
Die Anreise
Im Anschluss an unsere Überquerung des Baikalsee wurden wir dann tatsächlich pünktlich von Sergey in unserem Guesthouse abgeholt. Zuerst gingen wir ein paar Skitouren im Gebiet der Insel Swjatoi Nos am Ostufer (wörtlich „Heilige Nase”), wobei wir auch eine Nacht in einer Jurte auf dem Eis verbracht haben.
Skitouren ohne Ende
Nachdem wir dann aber die 400 km von der Holy Nose Peninsula bis ganz an das Südende des Baikalsees geschafft hatten, wurde es wirklich verrückt. Denn Sergey besitzt ein paar Hütten im Mamay Tal, einem Teil des Altai Gebirges direkt am südlichen Ufer des Sees. Hier werden Skitouren-Träume wahr.
Denn das Tal hat keine Verkehrsanbindung. Hier gibt es also keine Straße, demnach kein Hotel und schon gar keinen Lift. Resultat ist, dass man die Berge mit niemandem teilen muss. Egal wo man hingeht, man darf überall die erste Line ziehen (allerdings auch die erste Spur hoch legen). Angereist sind wir per Schneemobil, wobei die Skifahrer hinterher gezogen wurden und ich als Splitboarder auf dem Mobil sitzen durfte. Die Hütte hatte einen kleinen Generator für Strom, Holz für Wärme und natürlich einer kleinen Banja (russische Sauna).
Die Touren sind wirklich spektakulär. Vor allem der Lakeside Effekt mit seinen starken Schneefällen in diesem Gebiet macht dieses Gebiet so einzigartig. Bei unserer Anreise hatte es gerade erst einen Meter (!) frisch geschneit und alles war absolut jungfreulich. Nachteil für mich als Splitboarder war allerdings, dass ein Anhalten in diesem tiefen Schnee jeweils katastrophale Folgen hatte. Aber zumindest weiß ich nun, was “schwimmen im Schnee” bedeutet…
Unsere Hütte lag auf ca. 800 m Höhe und die umliegenden Gipfel haben es auf max. 1.700 m gebracht. Das heißt, es sind zwei Aufstiege pro Tag möglich oder, wie in unserem Falle, machen wir einfach eine schöne Skiwanderung durch die Berge und genießen die Abfahrten umso mehr.
Wie war’s also in Sibirien?
Klasse, es war der absolute Traum. Ich bin kein Freund unser durchgeplanten und “funktionalen” Kulturlandschaft. In Sibirien erlebt man noch absolute Wildnis. Jeder Baum steht dort, weil er dort gewachsen ist und nicht, weil irgendein Beamter ihn dort hingepflanzt hat. Es gibt keine Lifte und somit auch keine Touristen, kein Aprés-Ski und auch sonst nichts. Es gibt nur Stille (was nicht ganz stimmt, wenn man sehr genau hin gehört hat, hat man hin und wieder die transsibirische Eisenbahn hören können). Die Berge sind malerisch und der Schnee tief. Wer mit Letzterem umgehen kann, ist in Sibirien sehr gut aufgehoben und erlebt noch ein echtes Abenteuer.
Reisedetails
Wir sind für ca. 450 € von München über Moskau nach Irkutsk geflogen. Wir wurden dann von unserem Guide in Bagzuin abgeholt worden, nachdem wir den Baikalsee zu Fuß überquert haben (andere Geschichte). Mit Sergey waren wir dann eine Woche am Stück unterwegs, und es hat ca. 1.000 € p.P. gekostet. Hierbei ist aber alles von Transfer, Übernachtungen, Essen, Trinken und Vodka inkludiert.
Geheimtipp: Visum früh beantragen. Je länger man wartet, desto teurer wird es und hier sind die Visumsagentur und die russichen Einreisebehören gnadenlos.
[…] Vor allem Einsamkeitsliebhaber kommen auf ihre Kosten, denn es gibt kaum bis keine Skilifte und so auch nur extrem wenige Touristen, die sich hier hin verirren. Das heißt, dass jede Abfahrt aufs Neue durch unverspurtes Gelände führt. Ohne Guide geht allerdings nichts. Alle Infos zum Tourengehen in Sibirien gibt es hier in unserem Artikel. […]