Auf der Weinschnabel-Runde schlagen Bergsteigerherzen höher. Von Hüttschlag führt die anspruchsvolle und lange Tour vorbei an Gipfeln und Bergseen bis auf den 2.754 m hohen Weinschnabel.
Langsam senkt sich die Sonne dem Horizont entgegen und schließlich verschwindet sie hinter dem Mureck. Kurz darauf leuchtet der Himmel in allen Orangetönen, die die Farbpalette zu bieten hat. Vor mir auf dem Gaskocher zündeln die kleinen Flammen um den Boden des Topfes, in dem eine Brühe vor sich hin köchelt. Und es ist still. Nur ab und zu verirrt sich ein letztes Zwitschern in die Stille der aufkommenden Nacht.
So fühlt sich Glück an.
Die Weinschnabel-Runde vom Talschluss des Großarltals im Bergsteigerdorf Hüttschlag über das Murtörl, das Mureck, das Albert Biwak knapp unterhalb der Schmalzscharte, die Schwarzseen, Weinschnabel, Kölnbreinspeicher, Arlscharte und Schödersee klingt schon beim Aufzählen der Zwischenstationen lang. Und das ist sie auch. Knapp über 2.000 Meter warten allein im Aufstieg. Fast 25 Kilometer Strecke. Und knappe 12 Stunden reine Gehzeit. Eine Anstrengung und zugleich Auszeit, die sich lohnt.
Die Weinschnabel-Runde ist im Winter auch als ANITA-Runde benannt. Die anspruchsvolle Skitour folgt im Großen und Ganzen dem Verlauf der hier beschriebenen Wanderung, nimmt als Bonus aber noch den Keeskogel (2.884 m) mit.
Inhaltsverzeichnis
Tour in der Übersicht
• Start (Auto & ÖPNV): Talschluss Hüttschlag, Stockham im Großarltal
• Route: Hüttschlag – Kreealm Bichlhütte – Murtörl – Mureck – (Schöderhorn) – Albert-Biwak – Schmalzscharte – Schwarzseen – Weinschnabel – Kölnbreinspeicher – Arlscharte – Schödersee – Hüttschlag
• Länge: 24,6 km
• Dauer: 12 h
• Höhenmeter: 2.177 hm
• Höchster Punkt: Weinschnabel (Hafnergruppe), 2.743 m
• Einkehrmöglichkeiten: Kreealm
Von Hüttschlag zum Murtörl
Am Talschluss in Hüttschlag (Stockham) beginnt die Tour und hinter dem letzten bewohnten Haus des Großarltals geht es gleich mächtig steil direkt neben dem Kreealm-Wasserfall aufwärts bevor der Steig weiter oben auf den Fahrweg trifft, über den es – immer wieder mit kurzen Abkürzungen – in einer knappen Stunde bis zur Kreealm führt. Die bewirtschaftete Bichlhütte bietet die letzte Einkehrmöglichkeit für lange Zeit.
Hinter der Kreealm führt der weitere Aufstieg in weitläufige Lärchenwälder, die nach dem ersten Frost im Herbst in wunderschönen Orangetönen leuchten. Fast so wie der Himmel über dem Großarltal nach einem spektakulären Sonnenuntergang. Wenn sich die Bäume lichten, öffnet sich der ganze Kessel, der vom Mureck und Schöderhorn umrahmt wird. Im Winter übrigens ein sensationelles Skitourenrevier.
Unter der sich auftürmenden Murwand geht es weiter bergan und nach knapp drei Stunden Aufstieg ist das Murtörl erreicht.
Mureck & Schöderhorn
Nur knapp 140 Höhenmeter trennen das Murtörl vom Mureck. Der Gipfel ist dann auch schon nach wenigen Minuten unschwierig erreicht. Vom 2.402 Meter hohen Gipfel mit dem wohl schönsten Gipfelkreuz des Großarltals tut sich ein atemberaubendes Panorama auf. Hinab in den Kessel, der von der Kreealm herauf zieht. Und vor allem hinüber, tief hinein in den Nationalpark Hohe Tauern mitsamt der Tauernkönigin, wie die Hochalmspitze auch genannt wird.
Der Weiterweg ist nun gut erkennbar und in der langsam tiefer stehenden Sonne blitzt auch das kleine Albert-Biwak unterhalb der Schmalzscharte immer Mal wieder kurz hervor. In unzähligen kleinen Seen am Wegesrand spiegeln sich die umgebenden Berge. Wer mag kann kurz nach dem Abstieg in die Scharte zwischen Mureck und Schöderhorn noch den Gipfel mitnehmen. Eine knappe halbe Stunde Umweg muss für den Aufstieg zum 2.472 m hohen Berg in Kauf genommen werden.
Zum Albert-Biwak
Während das Schöderhorn nun mehr und mehr im Rücken bleibt, wird das Gelände karger. Der Steig windet sich durch Blockgelände und nach einer knappen Stunde vom Gipfel des Murecks ist das Albert-Biwak erreicht.
Das Biwak steht offen und es gibt hier ein zweistöckiges Etagenbett mit insgesamt sechs Schlafplätzen. Decken und eine kleine Kochmöglichkeit sind vorhanden.
Aber Achtung: Ein geplantes Übernachten im Biwak ist nicht erlaubt. Als notwendige Zwischenstation bei besonders langen Bergfahrten ist die Übernachtung für Bergsteiger in einem Biwak allerdings statthaft.
Wie bei allen derartigen Unterkünften gilt: Keinen Müll hinterlassen und das Biwak so hinterlassen wie es vorgefunden wurde. “Nimm`s mit” lautet die Devise.
Sonnenaufgang an den Schwarzseen
Nach einer durchwachsenen, aber ruhigen Nacht heißt es früh aufstehen, um die Sonne hinter dem Unteren Schwarzsee aufgehen zu sehen. Der kurze Anstieg zur Schmalzscharte vertreibt die letzte Müdigkeit, erst recht der anschließende steile Abstieg. Stahlseile geben an den ausgesetztesten Passagen Halt.
Langsam färbt sich der Himmel über dem tiefer liegenden pechschwarz wirkenden Schwarzsee. Die Gipfel von Kaltwandspitze, Weinschnabel und Frauennock werden als erstes angeleuchtet und über letzterem steigen zwei Steinadler auf und ziehen ihre Kreise in der wärmenden Morgensonne, die schließlich auch spektakulär den See erreicht.
Aufstieg zum Weinschnabel
Auf dem Weg zum Oberen Schwarzsee wird eine Steilstufe überwunden, die mit einigen kurzen Stahlseilen und Trittbügeln versichert ist. Es geht vorbei am zweiten See und im groben Blockgelände geht es zunächst etwas ostwärts bis zu einer Gabelung.
Links führt der Weiterweg unterhalb der Kaltwandspitze und Kölnbreinspitze entlang bis zum Gamsleitenkopf und von dort weiter hinab ins Maltatal. Rechter Hand weisen die vielen rot-weißen Markierungen in Richtung Weinschnabel. Direkt am Kamm geht es bald unschwierig weiter bis auf den 2.754 m hohen Gipfel des Weinschnabels mit seinem kleinen Gipfelkreuz. Knapp unterhalb des Gipfels erfreut sich ein Rudel Steinböcke der Morgensonne und weiß geschickt für die Kamera zu posieren.
Abstieg zum Kölnbreinspeicher
Der türkise farbene Kölnbreinspeicher liegt zu Füßen und der Blick vom Gipfel erstreckt sich weit hinein ins Maltatal. Auf der anderen Seite des Stausees thront die Hochalmspitze und dieser Blick ist für den kommenden Abstieg zur Marchkarscharte und bis fast zur Kölnbreinsperre der ständige Begleiter. Die Spuren des Gletschers, den es hier auf der Südseite einst gab, sind noch deutlich erkennbar.
Aufstieg zur Arlscharte
Noch bevor der See erreicht wird, folgt der letzte Anstieg der alpinen Bergtour. Knapp 250 Höhenmeter gilt es hinauf zur Arlscharte zu überwinden. Nach den fast 700 Höhenmetern im Abstieg vom Weinschnabel laufen die erstaunlich locker und knapp 40 Minuten später weht es kräftig an der Arlscharte und am gleichnamigen See.
Hinab zum Schödersee und durchs Schödertal nach Hüttschlag
Der folgende Abstieg ist zumindest im ersten Teil ein wahrer Genuss. Majestätisch reihen sich die Berge der Hohen Tauern auf, es warten grandiose Tiefblicke zu den beiden Kolmseen, deren Wasseroberfläche in der Sonne glitzert.
Bald plätschern die ersten Bachläufe zu beiden Seiten des Weges und es beginnt nun langsam zäher zu werden. Der Abstieg zehrt an den Kräften, zumal der unterhalb der kleinen Jagdhütte auch noch einmal deutlich anspruchsvoller wird. Nach einer wahren Sturzflut im Sommer 2023 musste der Weg, der dem Lauf des Kolmbachs hinab zum Schödersee folgt, im oberen Bereich verlegt werden. Der verlangt nochmal volle Konzentration, zumal es anschließend im Wald immer recht nass und glitschig ist.
Mit Erreichen des Schödersees sind die größten Strapazen aber geschafft. Der Schödersee ist ein periodischer See, der die meiste Zeit des Jahres trocken liegt. Nur nach der Schneeschmelze und starken Regenfällen zeigt er sich in voller Pracht (alle Infos zur einfachen Wanderung des Schödersees gibt`s hier).
Hinter dem See geht es abwärts, der Abfluss des Schödersees tritt irgendwann unvermittelt aus vielen kleinen Quellen wieder zutage und dem Lauf des Bachs folgend geht es durch das Schödertal hinaus bis zum Ötzlsee. Weitere 30 Minuten später ist auch der Ausgangspunkt im Bergsteigerdorf Hüttschlag wieder erreicht.
Kaipara Green Trails
– Werbung –
Die Weinschnabel-Runde ist eine der Kaipara Green Trails Touren, die unter anderem in Regionen führen, die mit Bergsteigerdörfern nicht für Massen-, sondern für nachhaltigen Tourismus stehen, zu besonders ökologisch geführten Hütten mit dem Umweltgütesiegel des Alpenvereins und in Naturparks und Schutzgebiete. “Grüne Wege” eben. Transparent, nachhaltig und sozial verträglich zu arbeiten sind auch Werte, für die Kaipara steht. Kaipara – ein neuseeländischer Name für eine deutsche Firma – fertigt qualitativ hochwertige Produkte aus reiner Merinowolle – vom federleichten T-Shirt über Softshelljacken bis hin zu Kuscheldecken. Immer mit dem Blick für das Wohl der Tiere. Die Wolle kommt daher auch aus 100% Mulesing-freier Produktion.
Mehr zu Kaipara und was Merino so angenehm, aber auch anspruchsvoll macht, gibt es hier im Interview mit dem Gründer Frank Selter.
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Fazit
Die Weinschnabel-Runde, die von Hüttschlag auf den 2.754 m hohen Weinschnabel in den Hohen Tauern führt, ist eine grandiose Bergtour, auf der das Herz jedes Bergsteigers höher schlägt. Zwar halten sich die technischen Anforderungen im Rahmen, die schiere Länge der Tour macht sie aber durchaus schwierig.