Wanderung zum Dampfschiff: Vergessene Steige am Rechenberg

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Woher hat das Dampfschiff, der 1.425 m hohe Gipfel am Rechenberg in den Chiemgauer Alpen seinen Namen? Am Ziel der weitestgehend einfachen, am Ende aber doch anspruchsvollen Tour wird das schnell klar.

Wanderung zum Dampfschiff: Vergessene Steige am Rechenberg © GipfelfieberWanderung zum Dampfschiff: Vergessene Steige am Rechenberg © Gipfelfieber
Wanderung zum Dampfschiff: Vergessene Steige am Rechenberg © Gipfelfieber

Inmitten des Waldes steilt der Anstieg plötzlich enorm an. Ganz schön steil für eine Tour im eigentlich eher gemütlichen hinteren Teil des Achentals. Die Schritte werden kürzer. Eine Wurzel hilft beim Aufstieg und nur noch wenige Meter über nicht minder steilen Fels trennen uns vom Gipfelkreuz. Ein durchaus beachtliches Gipfelkreuz für einen Berg, der in kaum einer Karte namentlich auftaucht. Vom Gipfel wartet ein wunderbarer Blick hinüber zum Hochgern und auch eine Ecke des Chiemsees mitsamt einer abgeschnittenen Herrenchiemsee-Insel lässt sich erhaschen.

Woher der 1.425 Meter hohe Gipfel in den Chiemgauer Alpen aber seinen Namen hat, wird erst beim Abstieg in eine kleine Scharte so richtig klar. Denn hinter dem Gipfelkreuz bricht die Wand nicht nur steil in die Tiefe hinab. Sie hat einen stattlichen Überhang und erinnert an einen gewaltigen Schiffsbug. Nicht den großen Dampfschiffen unähnlich, die vor mehr als 100 Jahren etliche Auswanderer von Europa über den Atlantik nach Amerika beförderten. Und so trägt der Berg im Achental den Namen Dampfschiff nicht ohne Grund.

Das Achental

Inmitten der Chiemgauer Alpen erstreckt sich das Achental von Grassau, unweit des Chiemsees, bis zum Bergsteigerdorf Schleching und zur österreichischen Grenze. Die namensgebende Tiroler Ache schlängelt sich durch die Klobensteinschlucht kommend gen Norden und neben ihr ragen berühmte Gipfel des Chiemgaus in die Höhe. Geigelstein, Hochplatte und Kampenwand im Westen und Hochgern im Osten. Die Berge im Ausläufer des Achentals in Richtung Oberwössen sind dagegen eher unbekannt. Zu ihnen zählt der Rechenberg, der mit dem Großen Rechenberg, dem Kleinen Rechenberg und dem Dampfschiff gleich drei Gipfelziele bietet.



Von Unterwössen zur Rechenbergalm

Im östlichen Ortsteil Wiesen in Unterwössen starten wir am großen Hochgern-Wanderparkplatz unsere Tour auf den Rechenberg. Wir folgen stetig den Wegweisern gen Rechenbergalm und steigen über eine breite Forststraße auf, die bald einen letzten Bauernhof passiert und kurz darauf erst einmal für lange Zeit im Wald verschwindet. Dankbar für die Schatten spendenden Bäume geht es recht steil bergan, an einer Gabelung halten wir uns rechts und nach knapp 1,5 h Aufstieg verlassen wir erst den Wald und erreichen eine knappe Viertelstunde später die Rechenbergalm.

Eine kurze Pause darf auf der gemütlichen Terrasse nicht fehlen. Hier reicht der Blick weit bis ins Kaisergebirge und zu den Loferer Steinbergen.

Aufstieg zum Großen Rechenberg

Oberhalb der Alm folgen wir nun nicht dem Forstweg vorbei an der kleinen Hütte oberhalb der Rechenbergalm, sondern dem Steig in Richtung Jochbergalm. Kurz vor dem Sattel angekommen, folgen wir den gut erkennbar nach links abzweigenden Pfadspuren, die uns über einen schmalen Steig etwas steiler in wenigen Minuten zum Gipfelkreuz des Großen Rechenbergs (1.366 m) führen. Auch hier bricht die Wand steil hinter dem Kreuz in die Tiefe und lässt uns sicheren Abstand wahren.

Vergessene Steige zum Dampfschiff

Das eigentliche Ziel – das Dampfschiff – ist von hier nun zum ersten Mal auszumachen. Wir folgen den Steigspuren zurück zum Weg, folgen diesem aber nicht weiter, sondern finden geradewegs wiederum Spuren, die dem Kammverlauf des Rechenbergs folgen. Im Wald ist der vergessene Steig meist deutlich und kaum zu verfehlen. Auf der großen Wiese, die wir bald geradewegs überqueren, sind sie etwas schwieriger auszumachen, aber doch ist der Weg deutlich. Spätestens beim Übergang in den Wald ist der Steig wieder klar.

Der wird kurz darauf deutlich schwieriger und steiler. Eine Steilstufe wird erklommen. Der Pfad ist nun deutlich ausgesetzter und führt weiter bis zum Gipfelkreuz vom Dampfschiff (1.425 m), dessen mächtiger Bug es locker mit den großen Wellen des Atlantiks aufnehmen könnte.

Kleiner Rechenberg oder Übergang Jochbergalm

Jochbergalm © Gipfelfieber

Für den Weiterweg sind mehrere Varianten denkbar, die beide zum gleichen Zwischenziel führen. Dem Kammverlauf folgend führt der Weg weiter zum Kleinen Rechenberg, der mit seinen 1.466 m Höhe ironischerweise genau 100 Meter höher als der Große Rechenberg ist.

Alternativ geht es auf gleichem Weg zurück bis zur großen Wiese und von dort auf erkennbaren Steigspuren hinab zum Steig, der Rechenbergalm und Jochbergalm verbindet. Die Alm ist knapp 20 Minuten später erreicht.

Abstieg nach Unterwössen

Von der Jochbergalm folgt der Abstieg nun wieder dem Forstweg über dem Kaltenbachtal, der den Rechenberg auf der nördlichen und schließlich westlichen Seite umrundet. Auf bekanntem Weg geht es am Ende die letzten Meter zurück zum Ausgangspunkt in Unterwössen.

Fazit

Das Dampfschiff ist ein unbekannter und spannender Gipfel in den Chiemgauer Alpen. Von Unterwössen im Achental ist die Wanderung zu seinem höchsten Punkt größtenteils einfach, zum Ende hin erfordert die Bergtour aber Trittsicherheit und Schwindelfreiheit und ist deutlich anspruchsvoller.

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3 Kommentare

  1. Dampfschiff oder wie funktioniert OpenStreetMap? Man kann einfach Namen erfinden, in OpenStreetMap eintragen und alle schreiben es ab. Irgendwann steht es dann auf so vielen Seiten, dass jeder denkt, wird schon stimmen. Die Idee, die ursprüngliche Quelle (Ersterwähnung) zu recherchieren, scheint nicht mehr in Mode zu sein. Dampfschiff wurde vor 7 Jahren in OSM eingetragen. Ich habe mal den Autor kontaktiert woher er das hat. Vielleicht erfahren wir mehr. Auf jeden Fall hatte er Humor, denn es gibt tatsächlich ein Dampfschiff das Rechenberg hieß.
    Viele Grüße
    Dein Alois

    • Servus Alois,

      ja, das war mir durchaus bewusst und ich habe auch in alten Karten geschaut und bin nicht fündig geworden. Der Name hat sich mittlerweile aber etabliert. Quasi Gewohnheitsrecht. Hat sich der Autor bei Dir gemeldet?

      (Bei mir laufen ja seit geraumer Zeit alle diese Touren, die etwas abseits sind und nicht von den Massen begangen werden, unter diesem Titel. Das hat sich ebenfalls einfach etabliert, auch wenn`s nicht immer 100 % zutreffen mag.)

      Schöne Grüße

      Andreas

  2. Kleiner Nachtrag: Die Bezeichnung Dampfschiff wurde von Christian Muschik in seinem Büchlein “Abseits Aufwärts 2” eingeführt und in OpenStreetMap übernommen. So hat sie sich dann weiter verbreitet. Deshalb steht sie auch in keiner historischen Karte. Seine Tour am Rechenberg wird seitdem in zahlreichen Blogs als “vergessen” vermarktet, obwohl man sich schon fragen muss, ob das noch stimmt, wenn es dazu bei Google mehrere Dutzend Treffer gibt und sie in allen großen Tourenportalen zu finden ist.
    Viele Grüße
    Dein Alois

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