Ein verträumtes Bergdorf, wo auf einen Einwohner ein Schaf kommt. Ein kleines Skigebiet. Das ist das Vals von heute. Aber das könnte sich bald ändern.
Etwas abseits liegt es, könnte man fast sagen, aber das träfe wohl auf viele der unzähligen Täler der Alpen zu. Wieder einmal bin ich in Graubünden unterwegs, das mit seinen 150 Tälern viele einsame beherbergt. Diesmal in der Region Surselva. Durch das Valsertal führt mich die Reise bis fast an dessen Ende nach Vals.
Inhaltsverzeichnis
Ein Schaf pro Einwohner
Was für eine Idylle. Traumhafte Berglandschaften ragen rund um das kleine Dörfchen auf. Das ursprüngliche Zentrum mit seinen urigen Häusern, den Schindelfassaden und den typischen Steinplatten, mit denen noch heute alle Häuser in Vals bedeckt sind (bzw. sein müssen). Am Ortseingang trübt ein großer Hotelklotz etwas das Bild. Und wenn es nach dem Besitzer der ansässigen Therme geht, wird die malerische Idylle bald ein jähes Ende finden. Denn nicht weniger als das höchste Gebäude Europas soll nach seinen Plänen bald in Vals stehen.
Der „Traum“ vom höchsten Turm Europas
Hinter den Plänen steckt der Valser Remo Stoffel, der erst vor kurzem die Therme übernommen hat, was nicht weniger als die Verdoppelung der Eintrittspreise zur Folge hatte. Sie ist zweifellos eindrucksvoll, ob das gerechtfertigt ist, muss jeder für sich selbst entscheiden.
Ähnlich sieht es wohl auch mit dem angestrebten Projekt aus. Denn Stoffel plant mitten in Vals einen Hotelturm zu errichten, der nicht weniger als 381 Meter hoch ist. In einem Bergdorf wohlgemerkt. An Absurdität und Hochmut wohl kaum mehr zu übertreffen und es bleibt nur zu hoffen, dass die Valser Bevölkerung das ähnlich sieht, dem einen Riegel vorschiebt und Vals weiter so bleibt wie es ist. Nämlich in erster Linie schön.
Dabei ist es auch nicht so als hätte Vals nichts zu bieten. Für einen Besuch der Therme nehmen viele eine lange Anreise auf sich. Im Sommer lassen sich die umliegenden Berge hervorragend Erwandern und Besteigen. Und im Winter wartet ein Skigebiet, das von den Pistenkilometern vielleicht nicht mit den großen wie Arosa oder Laax mithalten kann.
Das Skigebiet Vals 3000
Das muss es aber auch gar nicht. Eine Gondel befördert die Skifahrer nach oben, von wo es ausschließlich mit Schleppern weitergeht. Für Snowboarder nicht die größte Freude, aber das geschieht hier alles in einer Gemütlichkeit (noch gemütlicher geht es nur im benachbarten Safiental zu), die schlechte Gedanken gleich wieder vertreibt. So bleibt wenigstens genügend Zeit, das Drumherum eingehend zu beobachten.
Auf den Pisten selber geht es wohl nur selten so richtig heiß her. Platz ist mehr als genug und wem das nicht reicht, der findet neben den Pisten unzählige Möglichkeiten ins Gelände zum Freeriden auszuweichen. Und was wohl nur wenige Skigebiete bieten dürften: Vom höchsten Punkt auf fast 3000 Meter geht es über fast 1800 Höhenmeter auf der Talabfahrt hinab nach Vals. Die Saisoneröffnung ist für dieses Jahr am 19.12.2015 geplant.
Schlitteln vom Gasthof Zervreila
Wem das an Action noch nicht reicht, der macht einen Ausflug zum Gasthof Zervreila. Vom gleichnamigen Stausee hat man einen wunderbaren Blick auf das Zervreilahorn, dem originalen Matterhorn wie man im Dorf vernehmen mag.
Nach anschließender Stärkung mit Capuns (Mangoldblätter mit einer Kartoffelfüllung in Sahnesauce) oder dem Hütten-Burger geht es auf den Schlitten und zunächst über die Straße, später über den alten Weg durch spektakuläre Tunnel und am Ende wieder auf der Straße über 7 km bis nach Vals. Klingt gewagt? Ist es auch! Da durchaus Gegenverkehr drohen kann und die Straße an etlichen Stellen vereist ist, heißt es aufpassen.
Fazit
Vals ist im Sommer wie im Winter einen Besuch wert. Man kann nur hoffen, dass man sich seiner Lage und seiner Idylle bewusst ist und der 381 Meter hohe Turm nicht mehr als bloße Spinnerei bleibt.
Noch mehr Infos zum Turmprojekt gibt es hier.
Update: Zwischendrin ist das Thema übrigens Geschichte. Kein Turm in Vals. Gut so!
*Hinweis: Die Reise ins Safiental erfolgte auf Einladung von Graubünden Ferien. Meinung und Eindrücke sind trotzdem mir.
Einsame wunderbare Bergwelt? Da muss ich mal hin, noch bevor die nächste Geldmaschine steht.
Danke für den schönen Bericht und den mitgebrachten Fotos.
Viele Grüße
Conny