Wanderung auf die Sonnwendwand: Dem Trubel so nah und doch so fern

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Die steilen Felsabbrüche der Sonnwendwand in den Chiemgauer Alpen nach Norden hin stehen der Kampenwand in nichts nach. Und doch ist vom Trubel bei der berühmten Nachbarin nichts zu merken.

Wanderung auf die Sonnwendwand: Dem Trubel so nah und doch so fern © GipfelfieberWanderung auf die Sonnwendwand: Dem Trubel so nah und doch so fern © Gipfelfieber
Wanderung auf die Sonnwendwand: Dem Trubel so nah und doch so fern © Gipfelfieber

„Wenn i mit meina Wampn kannt, i gangad auf d´Kampenwand.“ Wohl jeder südlich des berühmt-berüchtigten Weißwurstäquators kennt diesen Spruch und davon wird wohl jeder Zweite schon selber am größten Gipfelkreuz Bayerns gestanden haben. Ob mit Seilbahnunterstützung inklusive nostalgischem Flair ob der alten Gondeln oder ohne. Die formschöne Kampenwand ist eine Attraktion und dementsprechend geht es auf den Almen und Wegen rund um ihre bekannte Silhouette auch zu. 

Nur einen Steinwurf entfernt, fristet die Sonnwendwand ein Dasein im Schatten ihrer berühmten Schwester. Und das nicht nur bei Sonnenaufgang, wenn im Frühsommer die Sonne genau hinter dem Gipfel der Kampenwand aufgeht. Dabei sieht sie vom Tal aus betrachtet vielleicht nicht ganz so eindrucksvoll und markant wie die Kampenwand aus.

Ihre abweisende Nordseite aber ist der Nachbarin gar nicht mal so unähnlich. Die Südseite hingegen ist wesentlich freundlicher und bis zum höchsten Punkt der Sonnwendwand führen mehrere unmarkierte, vergessene Steige, die sich bei einer reizvollen Rundtour kombinieren lassen. 




Die Tour auf die Sonnwendwand ist auch Teil meines Buchs “Vergessene Steige – Bayerische Alpen”, welches im Sommer 2020 im Bruckmann Verlag erschienen ist.

Vom Priental in den Klausgraben

Am südlich-westlichen Ausläufer des Bayerischen Meers, wie der Chiemsee auch gern bezeichnet wird, liegt Aschau im Chiemgau, hinter dem der Aufstieg zur Sonnwendwand beginnt. Ausgangspunkt der Tour ist das kleine Örtchen Hainbach im malerischen Priental (Parkplatz und ÖPNV). Von der Straße geht es zunächst in östlicher Richtung weg in den eigentlichen Ortsteil. Die wenigen Häuser Hainbachs sind schnell passiert und die Forststraße führt immer am Klausgraben entlang bis zu den Dalsenalmen. 

Versteckter Einstieg

Schon am Ende des Mini-Örtchens gilt es, nicht den Einstieg in den Steig zu verpassen, der vom Forstweg aus im dichten Wald kaum auszumachen ist. Der Einstieg in den alten Pfad ist gar nicht so leicht zu finden, er verbirgt sich aber auf der anderen Seite des Baches, direkt hinter dem letzten Haus. Über große Steine geht es also trockenen Fußes ans andere Ufer und hier lassen sich Pfadspuren ausmachen, die bald in den Wald hinein führen. 

Denen zu folgen, ist dabei aber gar nicht so einfach. Weder Markierungen noch Steinmandl weisen den Weg und gerade zu Beginn geht er scheinbar immer wieder verloren. Grob orientiert sich der Steig direkt (oder leicht rechts) am Kamm, der im dichten Wald schnell deutlich ansteilt. Ein Baumstamm scheint den Weg zu blockieren, doch weist er den Weg, denn es muss einem scharfen Linksknick gefolgt werden. Am nächstmöglichen Abzweig diesmal rechts halten. Recht steil folgt der nun besser erkennbare Pfad in etwa dem Kammverlauf, entfernt sich aber später und flacht etwas ab. 

Ein folgender Abzweig im dichten Wald lockt nach rechts und ist doch falsch. Links entlang und um eine spitze Kehre herum werden in kurzen Abständen ein paar kleine Wasserläufe passiert. Unvermittelt wird nach einer knappen Stunde der Wald verlassen, der Blick öffnet sich bis zu den Dalsenalmen und die kleine Aipl-Diensthütte wird erreicht.

Forstwege und versteckte Abzweige

Der weitere Aufstieg folgt nun dem Forstweg hinter der Hütte nach links. Während sich die Bäume bald lichten, gilt es auf der Freifläche der Straße bis fast zu ihrem Ende zu folgen. Kurz bevor das erreicht ist, zweigt ein kurzer Einschnitt rechts ab. Hinten in der vermeintlichen Sackgasse angekommen, sind es linker Hand unscheinbare Pfadspuren, die erst in den Wald und schließlich auf eine freie Almfläche führen. 

Nah am Grat und auf der Rückseite der vom Tal so bedrohlich aussehenden Felswände geht es nun mal weglos, mal ganz gut erkennbar weiter nach oben. Wieder wird eine große freie Fläche passiert, die nun auch Ausblicke nach Westen in Richtung Hochries bietet. Nach einem erneuten Waldstück ist bald eine markante Scharte erreicht. Hier nun nach rechts und im steilen Gelände einen sich in den Weg stellenden Fels umgehen. Eine kleine Almwiese später ist der Gipfelaufbau der Sonnwendwand erreicht. Über ein paar einfache Felsstufen geht es weiter zum Gipfelkreuz auf 1.512 m Höhe.

Abstieg über die Hofbauernalm

Vom Gipfel der Sonnwendwand führt ein erkennbarer Steig nach Süden hinab. Nach wenigen Metern wird der einzige Hinweis auf den Gipfel passiert. Über Wurzeln und Fels geht es bis an den Rand einer Almwiese. Auf dem Boden ausgelegte Steine weisen nun den Weg, nur fraglich ob die Formation auch den Winter übersteht. Auf den im Sommer üppigen Wiesen ist der Steig schnell wieder verloren, zieht aber relativ gerade unschwierig bis zur Hofbauernalm hinab, neben der ein kleines Marterl samt weitem Ausblick über das Prien- bis zum Inntal nochmal ein gutes Fotomotiv abgibt. 

Ab der Alm geht es kurz auf dem Forstweg in Richtung Dalsen-Diensthütte weiter. Ein Abzweig nach rechts führt schnell und steil hinab in den Klausgraben, während die Dalsenalmen links liegen gelassen werden. Am Klausgraben, der immer wieder in kleinen Kaskaden das Wasser spielerisch ins Tal schießen lässt, geht es nun weniger steil knapp drei Kilometer bis zum Ausgangspunkt in Hainbach entlang.

Alternativ ist es auch möglich, vom Gipfel der Sonnwendwand weiter zur Bauern- und schließlich zur Scheibenwand zu wandern. Mit etwas Fantasie im Gepäck lassen sich Steigspuren erkennen, die in etwa dem Gratverlauf folgen und zu beiden Gipfeln führen. Der Abstieg erfolgt entweder im großen Bogen über die Hofbauernalm oder von der Bergstation der Kampenwandbahn hinab nach Aschau und im Tal in Richtung Sachrang bis zum Ausgangspunkt der Tour.

Vor der Heimfahrt lohnt auf der gegenüberliegenden Talseite noch ein Abstecher zur Schossrinn, einem knapp 90 Meter hohen Wasserfall, der gerade zur Schneeschmelze oder nach Regentagen sehr viel Wasser führt.

Fazit

Die Tour auf die Sonnwendwand ist neben der überlaufenen Kampenwand noch so etwas wie ein kleiner Geheimtipp. Auch wenn die weitestgehend einfache Wanderung mittlerweile hinlänglich bekannt ist, so geht es am Gipfel der Sonnwendwand doch wesentlich ruhiger zu als bei der überlaufenen Nachbarin.

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