Hinteres Sonnwendjoch: Gipfelsammeln bei der Sonnwendkamm Überschreitung

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Vor die ein oder andere Herausforderung stellt die Überschreitung des Sonnwendkamms im Mangfallgebirge. Das Hintere Sonnwendjoch markiert den Höhepunkt der Gratwanderung. Und das im doppelten Sinne.

Den Sonnwendkamm vor Augen © GipfelfieberDen Sonnwendkamm vor Augen © Gipfelfieber
Den Sonnwendkamm vor Augen © Gipfelfieber

Kurz vor 4 Uhr reißt mich der Wecker aus dem Schlaf. Wasser ins Gesicht, die Thermotasse mit frischem Kaffee füllen, um während der Fahrt langsam aufzuwachen. Loslaufen, einen guten Punkt für den Sonnenaufgang suchen, Kamera aufstellen und warten.

So war es zumindest gedacht. 30 Minuten später checke ich die Kamera. Enttäuschung macht sich breit. Falsch belichtet. Die Aufnahme für die Katz. Aus purem Trotz und wegen der im Inntal fließenden Wolken stelle ich sie noch einmal auf, setze mich auf einen großen Stein, starre gen Osten und werde überrascht. So plötzlich wie unerwartet kommt die Sonne über dem Zahmen Kaiser hervor. Ich muss blinzeln, bin endlich richtig wach und sauge die wärmenden Strahlen der Herbstsonne begierig auf. Es gibt wenig spektakulärere Orte für einen Sonnenaufgang als in den Bergen, bin ich mir sicher.

Das gilt freilich für die gesamte Tour über den Sonnwendkamm im Mangfallgebirge. Zwar auf der österreichischen Seite gelegen, zählt der doch noch zu den Bayerischen Voralpen. Der höchste Punkt, das Hintere Sonnwendjoch, markiert mit seinen 1986 Metern Höhe den Höhepunkt der Gratwanderung. Bis dorthin führt eine zwischendrin anspruchsvolle und insgesamt sehr abwechslungsreiche Bergtour über einige aussichtsreiche Gipfel und schmale Kämme.

Die Überschreitung des Sonnwendkamms vom Schönfeldjoch bis zum Hinteren Sonnwendjoch ist auch im Wanderführer “Vergessene Steige – Bayerische Alpen” enthalten. Das Buch ist bei Amazon erhältlich.

Der Film zur Tour

Start unterhalb der Ackernalm

Dass das Hintere Sonnwendjoch relativ abgelegen ist, wird spätestens bei der Anfahrt klar. Die Ackernalm wird vom Thierseer Tal oder vom Ursprungpass über eine Mautstraße (4 €/PKW, dank Schranke auch zu unchristlichen Uhrzeiten passierbar) erreicht. Alternativ ist auch ein Start in der Valepp möglich (Mautstraße von Spitzing oder Rottach-Egern). Trotzdem ist das Hintere Sonnwendjoch ziemlich gut besucht. Die wenigen Höhenmeter, die es auf dem Normalweg von der Ackernalm zu überwinden gilt, machen den Berg selbst unter der Woche recht beliebt. Für die Überschreitung gilt das nicht. Bis zu seinem Gipfel treffe ich keinen Menschen auf der Gratwanderung über den Sonnwendkamm.



Über die Wildenkaralm zur Schönfeldalm

Im Flackern der Stirnlampe führt eine Fahrstraße etwa 800 Meter östlich unterhalb der Ackernalm recht steil nach oben und passiert bald die Sonntagweidalm. Die Wildenkaralm wird ignoriert und bevor im direkten Zustieg der Wildenkarsattel erreicht wird, biege ich rechts ab. Ohne groß Höhe zu gewinnen oder zu verlieren, führt der schmale Steig sanft durch den lichten Bergwald. Der scheint beliebtes Gämsenrevier zu sein. In Heerscharen fliehen sie vor dem Unterbrecher der morgendlichen Stille. An der Schönfeldalm angekommen, winkt als Belohnung eine windige Begrüßung und ein Blick ins Thierseer Tal, das Chiemgau und zum Kaisergebirge.

Mit dem Schönfeldjoch (1716 m) ist ohne größere Anstrengungen bald der erste Gipfel des Tages erreicht. Seine namentliche Verwandtschaft mit der Schönfeldspitze in den Berchtesgadener Alpen mag man ihm aber weder von nahem noch von weitem ansehen. Und so werden wohl auch weniger Geschichten über das Schönfeldjoch erzählt werden.

Gratwanderung zum Wildenkarsattel

Nun geht es auf dem Grat weiter, der das Schönfeldjoch mit dem Wildenkarjoch verbindet. Zwischen Latschen windet sich der Steig mal mehr, mal weniger erkennbar immer am Kamm entlang, gespickt mit tiefen Ausblicken in die steile Nordflanke. Trittsicherheit und Schwindelfreiheit sollten vorhanden sein. Auch wenn sich der Pfad nach einem namenlosen Gipfel, einem Gipfelkreuz und einer Kehre direkt zum Wildenkarsattel hinabschwingen möchte, folgt dem Kamm, wer das Wildenkarjoch mitnehmen möchte. Mit 1747 m zwar kein Riese, aber doch ein Gipfel. Empfehlenswert ist es zum Weg zurückzukehren und dort abzusteigen. Der Kampf um einen direkten Weg durch die Latschen ist aussichtslos und nicht zu gewinnen.

Der anspruchsvollste Teil der Überschreitung des Sonnwendkamms

Hier beginnt der spannendste und aufregendste Teil der Überschreitung des Sonnwendkamms. Das Hintere Sonnwendjoch selber ist erst einmal außer Sicht. Vom Wildenkarsattel dagegen auszumachen: Ein kleiner Turm, den es zu überklettern gilt. Der Anstieg ist problemlos zu finden und auch später geben das Gelände und erkennbare Steigspuren den Weg vor. Ausrutschen oder daneben treten sind aber verboten! In leichter, aber sehr ausgesetzter Kletterei (bis maximal II, eher I) wird der Turm über Schrofen erklommen. Oben angekommen, wird klar, dass der Turm gar kein solcher ist, sondern wie eine markante Nase aus dem Kamm herausragt.

Immer am Grat geht es zunächst schmaler, später breiter auf einen einfach zu erreichenden, aber namenlosen Gipfel (1854 m). Eine Pause zwischen den Latschen tut gut, denn auch wenn die größten Schwierigkeiten geschafft sind, kommt noch die ein oder andere fordernde Stelle.

Nach einem kurzen Abstieg in den Sattel zwischen namenlosem Berg und Krenspitze wird die Seite gewechselt. Ein schmaler Durchgang zwischen den Latschen weist den Weg. Der folgende kurze Abstieg in die Nordseite erfordert konzentrierte Schritte, im Anschluss wartet eine einfache Kletterstelle, der wiederum eine Rinne folgt, die ermüdend bis unterhalb des Gipfels und wieder zum Grat führt. Das Gipfelkreuz der Krenspitze (1972 m) ist dann schnell erreicht.

Übergang zum Hinteren Sonnwendjoch

Hinteres Sonnwendjoch und sein Gipfelkreuz © Gipfelfieber

Während sich am Hinteren Sonnwendjoch nebenan schon die Wanderer tummeln, wird spätestens beim Blick in das Gipfelbuch klar, dass nicht viele, den kurzen Weg über den Sattel hinauf auf die Krenspitze auf sich nehmen. Keine zehn Minuten sind es von Gipfel zu Gipfel.

Einem kurzem Abstieg schließt sich ein überschaubarer Aufstieg an und der höchste Punkt der Überschreitung des Sonnwendkamms ist problemlos erreicht (1972 m).

Vom Hinteren Sonnwendjoch reichen die Blicke weit: Der nahe Schinder, die Rotwand, Brecherspitze und Leonhardstein in der Nähe, Laliderer Spitze und Birkkarspitze im Karwendel in der Ferne. Im Süden sind die großen Dreitausender am Alpenhauptkamm bei Föhn geradezu greifbar.

Überschreitung zum Bärenjoch oder Abstieg

Wer die Überschreitung des Sonnwendkamms komplett machen möchte, ist am Hinteren Sonnwendjoch noch nicht am Ende angekommen. Der weitere Weg bis zum Bärenjoch (1813 m) birgt noch die ein oder andere Kletterstelle. Der Rückweg erfolgt dann über die Bärenbad- und Steinkaseralm.

Wer sich mit dem höchsten Punkt begnügt, steigt vom Gipfel gen Süden in den markanten Sattel ab. Über die Girgalalm und Ackernalm geht es auf direktem Wege zurück zum Ausgangspunkt. Landschaftlich besonders reizvoll ist der Abstieg durch den Schnittlauchgraben, der von steil aufragenden Felswänden zur Rechten umschlossen ist. Der Weg trifft an der Wildenkaralm den Aufstiegsweg und bald ist der Startpunkt wieder erreicht.

Fazit

Die Überschreitung des Sonnwendkamms ist schlichtweg grandios. Extrem viel Abwechslung bietet der lange Grat mit mindestens sechs Gipfeln. Das Hintere Sonnwendjoch selber ist dagegen fast schon unspektakulär, bietet gerade an Tagen mit Föhn im Herbst herrliche Weitblicke bis tief in hinein in die Alpen und seinen hohen Gipfeln.

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