Merinowolle erlebt seit geraumer Zeit bereits ein Comeback. Hier kommt die feine Wolle her und das macht sie so besonders.
Wolle zählt zu den ältesten Textilfasern überhaupt. Als Baumwolle beispielsweise kann sie pflanzlichen Ursprung haben oder sie kommt von Tieren wie Ziegen, Kamelen und vor allem Schafen. Um deren Wolle zu bekommen, erhalten die Tiere je nach Rasse ein- bis zweimal im Jahr eine Schur. Manche Schafrassen werden dazu auch nur gezupft. Das Fell oder die Wolle wird danach gewaschen, eventuell gefärbt, getrocknet und dann zu langen Wollfäden versponnen. Solche Wolle erkennt man am Schurwolle-Label.
Ist die Wolle als rein gekennzeichnet, weiß man außerdem, dass sie nur von lebenden Tieren stammt und keine Anteile recycelter Wolle oder Wolle von geschlachteten und gestorbenen Tieren enthält. Theoretisch lässt sich jede Schafschurwolle zu Kleidung verarbeiten. Es gibt aber deutliche Unterschiede in der Wollqualität.
Zum Beispiel Brillen- oder Steinschaf oder die bekannten Heidschnucken geben eher grobe Wolle, die zudem kratzt. Aus diesen raueren Fasern entstehen beispielsweise Wollteppiche. Für Textilien, die man stundenlang auf der Haut trägt, wünscht man sich natürlich eine feinere Wolle, die nicht kratzt und sich samtig weich anfühlt. Auch diese Wolle gibt es – sie kommt von den Merinoschafen und bringt zudem noch einige andere herausragende Eigenschaften mit.
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Merinowolle in funktionaler Bekleidung
Die Wolle des Merinoschafs ist besonders fein. Mit einer Dicke von 20 Mikron beziehungsweise Mikrometer oder weniger fällt sie erheblich feiner als andere Schafwolle aus und bleibt noch deutlich dünner als ein menschliches Haar. Weil eine einzelne Wollfaser so schlank ist, reizt sie die Haut nur im unterbewusst fühlbaren Bereich. Die meiste Zeit nimmt man sie gar nicht wahr.
Dickere Fasern mit 25 Mikron und mehr liegen über dieser Wahrnehmungsschwelle. Sie reizen die Haut permanent, was man als Kratzen empfindet. So hebt sich Merinoschurwolle deutlich von anderer Schafwolle ab, teilt sich aber mit ihr die vielen herausragenden Eigenschaften dieser Naturfasern. Die Fasern sind besonders leicht und können rund ein Drittel ihres Gewichts an Feuchtigkeit in Form von Wasserdampf aufnehmen. Trotzdem hat man nie den Eindruck, dass das Kleidungsstück feucht ist, weil die Feuchtigkeit genauso kontinuierlich wieder abgegeben wird.
Das ist ideal für die Temperaturregulierung des Körpers bei Bewegung, beim Sport und Schwitzen. Ist man dabei draußen, kann die Schafwolle außerdem schon im unbehandelten Zustand Wasser bis zu einem gewissen Grad abstoßen. Zuletzt hat die Wolle noch eine weitere ideale Eigenschaft, um sie Outdoor zu nutzen: Weil ihr Volumen zu etwas mehr als 80 Prozent aus Luft besteht, ist Merinowolle ein perfekter Wärmeisolator, der so von einigen Outdoormarken wie zum Beispiel Hess Natur aber auch anderen mittlerweile sehr häufig eingesetzt wird. Von der Qualität her kann man die sie hier mit einer sehr feinen Daune vergleichen. Auf Grund ihrer enormen Vielseitigkeit wird Merinowolle speziell im Outdoorbereich heute bei einer Vielzahl von Produkten eingesetzt.
Wolle, die Funktionsfaser aus der Natur
Funktionsfasern für Sport- oder den Outdoorbereich entstanden in den letzten Jahren zunehmend auf künstlicher Basis. Damit hat sich die globale Textilindustrie eine sehr negative Umweltbilanz aufgebaut, auch wenn sie sich mit immer größeren Marketingkampagnen rein zu waschen versucht. Die Tatsache, dass natürliche Fasern in fast allen Bereichen ähnliche oder bessere Eigenschaften zeigen als Kunstfasern, konnte die Entwicklung leider lange Zeit nicht stoppen.
Erst jetzt findet unter dem Einfluss des stark gestiegenen Interesses an mehr Nachhaltigkeit oder Naturschutz ein Umdenken statt. Genauso tragen weitere Eigenschaften der Wolle wie der von Merinoschafen dazu bei, dass ökologische faire Mode stark auf dem Vormarsch ist. So sind Textilien aus Merinoschurwolle anders als Kunstfaserbekleidung geruchsneutral.
Wo Kunstfasern schnell nach Schweiß riechen, entwickelt die Wollkleidung selbst nach längerem oder mehrmaligem Tragen keine unangenehmen Gerüche. Oft reicht es, sie einfach auszulüften, ohne sie direkt in die Waschmaschine zu packen, was letztlich auch der Umwelt entgegen kommt.
Wie macht Wolle das?
Schaut man sie sich unter einem starken Mikroskop an, findet man trotz ihrer Fein- oder Weichheit eine sehr schuppige Oberfläche. Darauf können Bakterien – wie sie im Schweiß auftreten – kaum anhaften und so keine ihrer müffelnden Stoffwechselprodukte abgeben. Gleichzeitig wirkt die Wolle dank ihres hohen Eiweißgehaltes geruchsmindernd auf der Haut. Die Wolle steckt voll von dem Faserprotein Kreatin. Wie ein Bio Deo mindert dieses Protein die Bakterienentwicklung auf der Hautoberfläche und verhindert dadurch Geruchsentwicklung, schon bevor sie in die Bekleidung gelangen kann.
Dieses natürliche Wirkprinzip funktioniert bis zu einem gewissen Grad des Schwitzens. Läuft man einen Marathon, brauchen die natürlichen Fasern sicher noch Unterstützung durch andere Textilfasern, um den Schweiß abzuleiten. Bei leichterer körperlicher Aktivität genügt dieses natürliches Geruchs- und Klimamanagement aber vollkommen. Zugleich kühlen die Fasern den Körper bei Wärme und bieten außerdem einen natürlichen Sonnenschutz mit bis zu LSF 50 je nach Wollart und Verarbeitung.
Tierwohl und mehr: So wird Schafwolle fair produziert
Genauso wie ökologische Kriterien für viele beim Mode-Kauf eine immer größere Rolle spielen, rücken weiter Fairtrade und speziell bei Wolle der Tierschutz immer mehr in den Blickpunkt. Gerade bei der Haltung, der Zucht oder der Schur liegt hier oft noch viel im Argen. Die meisten Merinoschafe leben in Australien. In Down Under ist ihre Wolle ein bedeutender Wirtschaftsfaktor.
Entsprechend wurden die Schafe oft für maximalen Wollertrag gezüchtet. Sie sollten dicke Hautfalten entwickeln, um noch mehr Wolle tragen zu können. In der australischen Hitze bekommen sie dadurch schnell gesundheitliche Probleme. Sie müssen ein unnatürliches hohes Gewicht tragen, aber viel gefährlicher werden ihnen die Bakterien und Insekten, die sich in den Falten ansiedeln. Um diesen Befall zu verhindern oder zu senken, wird den Tieren oft großflächig ohne Schmerzausschaltung Haut um den After herum oder an den Hinterläufen entfernt – eine schmerzhafte Praktik, die als Mulesling traurige Berühmtheit erlangt hat. Sie sorgt dafür, dass die Haut vernarbt und sich strafft. In den hygienisch sensiblen Körperregionen der Tiere können Fliegen und andere Insekten hinterher keine Eier mehr ablegen. Neuseeland hat das Mulesling 2018 verboten. Australien hingegen noch nicht, weswegen man im Sinne des Tierwohls immer noch aufpassen muss, nur solche Textilien zu kaufen, bei denen die Hersteller bis zurück zu den Schaffarmen auf eine tierfreundliche Herkunft ihrer Wolle achten.
Es gibt immer mehr Bekleidung aus Merinoschurwolle, bei denen die Schafe weder durch Mulesling leiden müssen noch stark überzüchtet werden. Verantwortungsbewusste Hersteller kontrollieren und überwachen die Herkunft ihrer Wolle genau. Diese Textilien erkennt man an ihren Labels oder Zertifikaten, um sicher zu sein, dass kein Schaf leiden musste.
Fazit
Merinowolle ist bei immer mehr Herstellern am Markt zu finden. Das Naturprodukt ist nicht nur Wetterschutz und Isolation, sondern sorgt auch für ein hervorragendes Trageklima. Aber wo Licht ist, ist auch Schatten und beim Kauf von Produkten mit Merinowolle sollte auf eine tierfreundliche Haltung geachtet werden.
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