24 Stunden, 56 Kilometer, 3.600 Höhenmeter – Untersberg Extrem: Das Protokoll

3

24 h wandern und dabei 56 Kilometer und 3.600 Höhenmeter überwinden. So erging es mir auf der Untersberg Extrem-Tour im Berchtesgadener Land.* 

Den Markierungen folgend © Gipfelfieber
24 Stunden, 56 Kilometer, 3600 Höhenmeter – Untersberg Extrem: Das Protokoll © Gipfelfieber

Zwei Jahre ist meine letzte 24 h-Wanderung nun her. “Nie wieder”, so habe ich mir geschworen. Erst ein Sonnenstich, der mich am Watzmannhaus ausgeknockt hat, dann das Laufen in finsterster Nacht. Spaß? Haben andere vielleicht. Ich nicht.

Und trotzdem stehe ich zwei Jahre später wieder am Weihnachtsschützenplatz in Berchtesgaden und warte darauf, dass das Startsignal ertönt. Aber nicht “Watzmann Extrem” heißt es. “Untersberg Extrem“! 56 Kilometer. 3.600 Höhenmeter.

Warum das Ganze? Das ist schnell erklärt: Immerhin sind wir mit unserer “Nimm`s Mit”-Aktion seit 2017 offizieller Partner der 24 h Trophy und zusätzlich begleite ich Eddie Bauer, seit diesem Jahr offizieller Ausrüster.

Der Termin rückt näher

Watzmann in Woken © Gipfelfieber
Watzmann in Woken © Gipfelfieber

Eine Woche vor dem Start – So langsam rückt der Tag der Tage näher. Einen Einbruch wie zwei Jahre zuvor darf es nicht nochmal geben. Mein Fitnesszustand scheint passabel. Der Wetterbericht dagegen bereitet mir Kopfzerbrechen. Der Sommer scheint sich komplett zu verabschieden. Die Tage mit den meisten prognostizierten Regenfällen sind natürlich für die beiden Tage der 24 h Trophy vorhergesagt.

Ein Tag vor dem Start – Nach den unaufhörlichen Regenfällen vom Vorjahr ist meine größte Sorge immer noch das Wetter. Zwar bessert sich die Prognose. Allerdings nur etwas. Werde ich halbwegs trocken bleiben? 56 Kilometer und 3.600 Höhenmeter in komplett durchweichten Klamotten halte ich für nicht machbar, auch wenn Simon im vergangenen Jahr das Gegenteil bewies.

Meine Vorbereitungen dagegen sehen gut aus: Ersatzklamotten sind in Plastiktüten verpackt. Mit Semmeln, Pasta und Pizza werden die Kohlenhydratspeicher bis unters Dach gefüllt. Akkreditierung in Berchtesgaden, ein kurzer Abstecher in die Almbachklamm und ab ins Bett, um ausgeschlafen zu sein.

24 h Untersberg Extrem – Das Protokoll

Der Tag der Tage – 7:20 Uhr – Der erste bange Blick gilt dem aus dem Fenster. Tief und dunkel hängen die Wolken über Berchtesgaden. König Watzmann ist umhüllt und die ersten Tropfen kündigen einen sehr durchwachsenen Tag an. Oh oh.

Frühstück, ein letzter Check des Rucksacks und auf zum Startpunkt.

9 Uhr – Die 12 h-Salzalpensteig-Wanderer sind längst unterwegs. Es ist soweit. Es geht auch bei uns los. Pünktlich lockert der Himmel etwas auf. In passablem Tempo und bei weitem nicht so schnell wie zwei Jahre zuvor werden die ersten Kilometer zurückgelegt. Über den Märchenpfad verlassen wir Berchtesgaden. Die Gruppe ist überschaubar. Knapp 40 Leute haben sich das Tagesprogramm “Untersberg Extrem”, immerhin seit letztem Jahr als Sahnehäubchen der 24 h-Wanderungen dabei, auferlegt.

10 Uhr – Es wird steil. Nach gemütlichem Eingehen geht es nun aufwärts. Der Stöhrweg überwindet die ersten richtigen Höhenmeter und schlängelt sich am Fuß vom Großen und Kleinen Rauhenkopf nach oben. Der Wald wird lichter und gibt bald den Blick auf die eindrucksvolle Südwand des Berchtesgadener Hochthrons frei. Ein Stück blauer Himmel lugt hervor. Die Sorge vor dem Wetter weicht immer mehr purem Optimismus.

11:20 Uhr – Die erste Labestation am Fuß der Materialseilbahn zum Stöhrhaus ist erreicht. Während ich zwei Jahre zuvor zu diesem Zeitpunkt schon bald ein Opfer der immensen Hitze war, geht es mir blendend. Eine Cola und etwas Verpflegung ins Gepäck und weiter.

12:50 Uhr – Mittag am Stöhrhaus. Es läuft. 1.300 Höhenmeter sind von der Uhr. Das Wetter hält immer noch. Aber nur kurz. Während wir drinnen eine Suppe löffeln, fängt es draußen an zu regnen. Wir haben Glück. Lang hält es nicht an und beim Weitergehen strahlt bereits die Sonne.

14 Uhr – Der Berchtesgadener Hochthron ist erreicht und damit der höchste Punkt der Tour. Jetzt geht es an die Untersberg Überschreitung. In leichtem Auf und Ab geht es über das riesige Plateau, das so sagenumwoben ist. Unter uns die größte Höhle Deutschlands, die genug Raum für zahlreiche Mythen bietet. König Barbarossa und sein Schatz, ja sogar der Goldschatz der Nazis sollen hier ruhen und darauf warten, entdeckt zu werden.

15:30 Uhr – Die Mittagsscharte. Einem steilen Abstieg folgt ein ebenso steiler Aufstieg. Und im Rücken wird es düster. Aber mehr als ein paar Tropfen schaffen es nicht zu uns. Wir scheinen weiter Glück zu haben. Bald ist der Salzburger Hochthron erklommen. Kaffee und Kuchen lassen erste Müdigkeitserscheinungen im Nu verschwinden.

17 Uhr – Nach kurzer Pause geht es auf den Reitsteig. Der windet sich steil über unzählige Stufen und knapp 1.400 Höhenmeter hinab nach Grödig. Es zieht sich. Die ersten Schmerzen sind irgendwann nicht mehr zu verleugnen. Aber selbst der kurze Schauer kann die immer noch gute Verfassung nicht vertreiben.

20:20 Uhr – Auf die Minute pünktlich rollen wir zur großen Abendpause der Untersberg Extrem-Tour unweit der Talstation der Untersbergbahn ein. Neue Klamotten, neue Schuhe und Deo. Ein Tropfen auf den heißen Stein vielleicht. Aber gut für den Kopf. Und für die übrigen Gäste im Restaurant.

21:40 Uhr – Vorräte auffüllen und weiter. Eine lange Etappe steht an. Es ist schon dunkel. Aber immer noch warm und halbwegs trocken. Oberalm und Hallein zu Füßen steigen wir auf die Barmsteine auf. Die Stirnlampe fixiert auf die Füße des Vordermanns geht es dahin. Erst matschig, später auf breiterem Kammweg. Und wieder denke ich: Nein, die Nacht macht mir einfach keinen Spaß.

1 Uhr – Nach einigem Auf und Ab, vielen Höhenmetern nebenbei, dem ein oder anderen kurzen Regen erreichen wir Bad Dürrnberg und stoppen bei den Salzwelten. Speicher aufladen. Radler und Kaffee sorgen für gute Laune, auch wenn die Müdigkeit von nun an steter Begleiter ist.

3 Uhr – Noch fünfeinhalb Stunden bis zum Zieleinlauf. Es fühlt sich übel an und erscheint noch so weit weg. Die 800 Höhenmeter hinauf zum Ahornkaser ziehen sich und ich schleppe mich mehr schlecht als recht hinauf. Mein absoluter Tiefpunkt ist erreicht. Gedanken ans Aufgeben? Niemals!

4 Uhr – Beim Erreichen der Mautstelle der Roßfeldstraße bin ich einfach platt. Sitzen tut gut. Kurz nach dem Weitermarsch über die Straße setzt Regen ein. Kopfhörer und Hörbuch in den Ohren schaffen es, das alles etwas vergessen zu machen. Schritt um Schritt, Meter um Meter geht es weiter.

5 Uhr – Die Sonne dürfte bald aufgehen und doch sieht man davon fast nichts. Es regnet noch immer und eine dichte Suppe hängt über uns. Wir verlassen die Mautstraße und erreichen die Ahornkaser-Hütte. Der Kamin lodert. Kaffee und Frühstück tun ihr übriges. Bläser und Andacht nehme ich kurz noch wahr und habe doch keine Chance ihnen zu folgen, während mir die Augen zu fallen.

Purtschellerhaus im dichten Nebel © Gipfelfieber
Purtschellerhaus im dichten Nebel © Gipfelfieber

6 Uhr – Eine Mütze im Rucksack wäre schön gewesen. So geht es im frischen Morgen endlich bergab gen Berchtesgaden. Dicke Wolken ziehen vorüber, geben kurz den Blick auf Purtschellerhaus und Hohen Göll frei, um sie gleich wieder zu verhüllen. Der Regen nimmt zu. Und doch bleibt es innen trocken.

7:30 Uhr – Kurze Rast am Obersalzberg. Berchtesgaden ist nahe. Euphorie macht sich breit. Ich werde es diesmal schaffen.

8:30 Uhr – Guide Eddie drosselt das Tempo. Wir sind zu schnell. Und um angedrohten Runden ums Zentrum zu entgehen, folgen Gruppenfoto um Gruppenfoto.

8:59 Uhr – Eddie hat ein Einsehen. Unter aufbrandendem Applaus laufen wir ins Ziel ein. Fast ohne Ausfälle. Geschafft, ziemlich fertig und ziemlich glücklich. Untersberg extrem eben. Enzianschnaps, Bier, Weiß- und Bratwurst. Herrlich!

Und die Moral von der Geschicht…

…das Wandern in der Nacht, das liegt mir nicht.

Und doch bin ich positiv gestimmt. Jeder wird seinen Punkt erreichen, an dem es keinen Spaß mehr macht. Aber auch das geht vorbei. Zurück bleiben viele Erinnerungen, gute Gespräche, Glück mit dem Wetter und unzählige tolle Eindrücke auf der Untersberg Extrem-Tour. Bis zum nächsten Jahr vielleicht?

*Ich wurde bei der Tour durch den Ausrüster Eddie Bauer und das Outdoor Blogger Network unterstützt. Eindrücke und Meinungen bleiben davon unbeeinflusst.

3 Kommentare

  1. Das mit dem Gehen in der Nacht kann ich gut nachvollziehen. Ber der 24h Wanderung am Achensee kann ich mich beim Abstieg nach Steinberg am Rofan nicht wirklich an viel erinnern. Hat aber durchaus was meditatives ;-)

  2. Mir macht es Riesenspass ob trocken oder nass, beides sind Herausforderungen. Das größte Glücksgefühl ist der Zieleinlauf, das Ankommen, die vielen Menschen und Freunde, die sich mit einem freuen. Einmal dabei – immer dabei ?

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.